Ben Weaver – Paper Sky

Als 2004 mit „Stories Under Nails“ ein erstes Ben-Weaver-Album in Deutschland erschien (zuvor hatte er schon drei Platten selbst verlegt), kam Applaus aus Ecken, aus denen man es nicht erwartet hätte. Die „Spex“ feierte das Album des Mittzwanzigers mit der Altmännerstimme und druckte in der Rezension einen kompletten Liedtext ab. Es waren in der Tat Weavers aus originellen Metaphern gewobene skurrile Geschichten, die sein Roots-Songwriting mit Dreck unter den Nägeln über jedes Authentizitätärä hinaushoben. Er klang, als hätte sich Tom Waits von „Nighthawks At The Diner“ in eine einsame Bar verirrt, in der Bob Dylans „Time Out Of Mind“ läuft. “ Paper Sky“ bewegt sich nach einem kleinen elektronischen „Introlude“ ganz langsam in eine ähnliche Richtung. Alles etwas wohliger arrangiert mit Klavier und Cello, raunzt sich Weaver wieder durch seine amerikanische Halbschattenmärchenwelt, immer kurz davor, kopfüber ins Klischee zu fallen – allerdings nicht ins eigene, sondern in die von Tom Waits und Leonard Cohen. Ab und zu stört ein Synthesizer die Gemütlichkeit, doch dann streichein die Streicher wieder die Seele, dass man an die Eels denken muss, deren E ein großer Bruder von Weaver sein könnte.

Die beste Umschreibung für diese Musik findet der wortmächtige Weaver wieder selbst: „Surrealism And The Blues“. So heißt auch das beste Stück auf „Paper Sky“-Ein Drum-Programm pluckert und ein Synthesizer fiept wie ein liebeskranker Bordcomputer. „There’s a tattered copy of Fante, acurled up photo of Debbie Harry/ There’s a side to me you’ve never seen.“ Die Roots wuchern ins Uneigentliche, der Himmel fällt auf die Erde und ist nur ein bedrucktes Blatt Papier, auf dem ganz klein „Made In China“ steht.

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