Bernd Begemann – Jetzt bist du in Talkshows :: BegeBeat / IRS
Bernd Begemann macht ernst. Der elektrische Liedermacher mit seinem dritten Longplayer. 22 Songs auf einer CD. Begemann-Songs, wohlgemerkt. Das heißt, der Alltag vor deiner Türe, in deiner Fußgängerzone, deinem Wohnzimmer. Momentskizzen, Augenblickspoesie, alltägliche Wahr- und Gemeinheiten. Frech, liebevoll, bis hin zum Kitsch.
Begemann liebt kernige Songs, schlichte Melodien und Refrains zum Mitsingen. Am besten und überzeugendsten macht er das allein auf der Bühne, nur mit seiner Gitarre. Als Entertainer ist er unschlagbar, aber diese Qualitäten auf Platte festzuhalten, ist ein anderes Kapitel. „Rezession, Baby“ ging als Low-Budget-Überraschungspaket durch.
„Solange die Rasenmäher singen“ war der Versuch, mit mehr Musikern den Songs ein bunteres Gewand anzulegen. „Jetzt bist du in Talkshows“ ist erstaunlich vollgepackt mit ausgefeilten Arrangements, Slide-Gitarren, Orgel-Melodien, Chorgesang und sattem Schlagzeug. Der federnde Popsong. Begemann gelingt das – und seine lockere, verträumte, einfache Art, Situationskomik und Romantik zu artikulieren, belebt die einheimische Pop-Szenerie.
Manche verurteilen ihn als Schlagersänger, andere schätzen seinen Schlager-Beat, der selbst im Banalen glaubwürdige Essenzen findet. „Bleib zuhause im Sommer“ läßt Ein-Bett-im-Kornfeld-Gefühl aufkommen, „In die Dämmerung mit dir“ entschwebt mit seichten Piano-Klängen und Akustik-Gitarren; Begemann singt aufregend samtig, Paukenschläge, Trompetentmale mein Gott, ist das schön!
Aber nicht immer auszuhalten. Vielleicht hat man zu selbstverliebt am Sound herumgebastelt, hier noch ein Tick mehr, dort noch etwas Echo. Andererseits spricht es geradezu von Gewitztheit, die Abrechnung mit den Mode-Szene-Kids „Du wirst dich schämen für deinen Ziegenbart“ mit den Spaßmachern von Der Tobi und das Bo zu improvisieren – oder „Vielleicht hatten deine Eltern recht“ im Crossover-Sound zur Persiflage zu machen. „Zweimal 2.Wahl“ schwingt im coolen Easy-Listening-Sound und bleibt dennoch die traurige Wahrheit der Zukurzgekommenen: „Wir sind zweimal zweite Wahl, wir sind ein unattraktives Paar, denn sie wollte mich nicht, und er wollte dich nicht…“ Großartig die Momente im Übergang von Nachdenklichkeit zur schrägen Allgemein-Unterhaltung. Davon hat das Album einige – der Rest ist Geschmacksache.