Bert Jansch – Crimson Moon

Wurde auch höchste Zeit, dass nachgeborene Gitarreros nicht nur Notiz nehmen vom virtuosen Veteranen, sondern sich für empfangene Inspiration revanchieren. Bernard Butler, Ex-Suede, trägt ein Scherflein bei zum neuen Album des Folk-Revival-Pioniers, und auch Johnny Marr, Ex-Smiths, darf sich geehrt fühlen, mit Bert Jansch musiziert zu haben. „It’s beating the system“, erklärte der enthusiasmierte Marr, „lts super-idealistic, it’s the music Coming first.“ Ist ja beileibe keine Selbstverständlichkeit mehr, Kunst um der Kunst willen zu machen. Wer Marr mit seiner neuen Band The Healers live erlebt hat, neulich im Vorprogramm von Oasis, weiß seine Würdigung der Jansch-Methode zu deuten. Zu grob und spekulativ war die polternde Groove-Mucke der Healers, als dass man ihr auch nur einen Hauch von Idealismus hätte zubilligen mögen. Rock-Zirkus halt, die Antithese zum Werk des Bert Jansch.

Wobei „Crimson Moon“ im Kontext des Jansch-Katalogs einen durchaus populistischen Part spielt. Das letzte Mal, als der Saiten-Akrobat so verbindlich und versöhnend spielte und sang, ist zehn Jahre her. „The Ornament Tree“ hieß damals seine LP, und sie wurde eben für diesen Mangel an Sprödheit von der Kritik kasteit. Die Folkies fühlten sich verraten, die Puristen verkauft. Wie seinerzeit, Anfang der 70er Jahre, als Jansch mit dem brillanten „L. A.Turnaround“ ein „amerikanisches“ Album aufnahm, mithilfe von Steeler Red Rhodes und Ex-Monkee Michael Nesmith.

Kann ihm diesmal nicht passieren. Einmal, weil „Crimson Moon“ bei aller Beschaulichkeit auch kärgere Töne anschlägt wie das Instrumental „Downunder“ oder Robin Williamsons „October Song“. Zum anderen, weil sich Jansch nicht an hehren Traditionais „vergreift“ (Ausnahme: „Omie Wise“), sondern auf originäres Material rekurriert. Oder gar den Pop vergangener Tage umpolt „Singing The Blues“, hochmelodiös und prädestiniert zum Mitsummen, wird von Jansch allen Liebreizes entkleidet und so schütter gesungen und instrumentiert, dass die Worte wieder ihren ursprünglichen Sinn annehmen: „The moon and stars no longer shine/ The dream has gone I thought was mine.“ Guy Mitchells Version mutet daneben an wie ein Faschingsschlager.

Bert Jansch hat eine Menge besserer Platten gemacht als „Crimson Moon „. Die einer limitierten Edition beigefügte „Best Of“-Bonus-Scheibe legt davon beredt Zeugnis ab. Doch nie zuvor stand er dermaßen im Licht der Öffentlichkeit wie in diesem Sommer. Auf Channel 4 lief eben ein Dokumentarfilm über sein Leben und Wirken unter dem Titel „Dream Weaver“, die von Colin Harper verertigte Biografie „Dazzling Stranger“ kommt dieser Tage in den Buchhandel, und im September wird ein Tribute-Album erscheinen mit Aufnahmen von Jansch-Fans wie Roy Harper, Donovan und Kelly Joe Phelps. Überdies wird der 57-Jährige bis in den Herbst hinein auf Tournee sein. Den Jimi Hendrix der akustischen Gitarre“ hat ihn Neil Young einmal genannt Aber der meinte auch, es sei besser, jung zu verbrennen als spät zu verglimmen. Muss ja nicht alles stimmen, was Onkel Neil, selbst bald 55, so verzapft Bei Bert Jansch indes wird er schon Recht haben.

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