Bertolt Brecht – Werke-Eine Auswahl

Er war ja auch mal Rock n’Roller, der alte Chauvi. „Im Dickicht der Städte“. „Baal“. Die frühen Gedichte. Er schrieb auch Lieder, damals noch daheim in Augsburg, und begleitete sich auf der Klampfe. Allein, musikalisch war es keine Freude, und womöglich ist Bert Brecht nicht nur an allem, sondern auch an Wolf Biermann, Klaus Hoffmann, Reinhard Mey, Bettina Wegener, Stefan Krawczyk

und Heinz Rudolf Kunze schuld. An Bob Dylan nachweislich nicht.

Aber die Lyrik! ruft Ranicki, die war schon Rock’n’Roll und ist es noch. Zum Hundertsten wird gratuliert: Brecht beutete die Frauen aus, roch ein wenig streng und hatte Angst vor dem Scheintod. Er war schüchtern und verschlagen, entschlossen und zaudernd, tolerant und diktatorisch, kurz: Gevatter war ein deutscher Dichter, eminent politisch dazu und ein Weiberheld; er log, daß sich die Bretter bogen, die die Welt bedeuten, und inte sich wie jeder Große im Sturm. Genie 8C Scheusal & Kleinbürger.

Das Jubiläum kreißt, nun gibt es auch einen sechseckigen Klotz zum Hören: Auf 20 CDs „Werke -Eine Ausmahl“ selbstverständlich nur. Die „Mutter Courage“ ist dabei, der „Herr Puntila“ und der „Galilei“, „Der Kaukasische Kreidekreis“, „Die Tage der Kommune“ sowie Lesungen von Helene Weigel, der, äh, Hauptfrau, Bert im Originalton und Bert bei der Probe. Und die Lieder eben, die Gedichte, die „Dreigroschenoper“ mit dem armen Kurt Weill, der auch immer übervorteilt wurde. Die quälenden Lehrstücke und Parabeln sind zwar noch genauso anstrengend wie in der Schule, doch andererseits als Hörspiele tauglich, weil es eh nichts zu sehen gibt Ernst Busch, Hilmar Thate und Ekkehard Schall mögen die Brechtlieder noch so theatralisch singen – wir Rocker wenden uns mit Grausen. Es ist wohl die Moral, die stört, der aufdringliche Sinngehalt zum Mitnehmen, die Didaktik halt, der Zeigestock und die Schlaumeierei.

Aber die Tbndokumente! ruft Ranicki. „Brecht probiert Stücke“: wie im Schulfunk und genauso amüsant. Bert mal geduldig, mal hochfahrend, mal belehrend, mal stolpernd, aufgeregt, greisenhaft mekkernd – Hans Moser, eben ab bedächtiger Jesuit, dann als eifernder Oberlehrer, immer ein insistierendes „Nicht!“ anfügend, als zweifelte er an der Intelligenz des Gegenübers. Sehr schön das „Beispiel für einen Theaterkrach bei der Generalprobe“: „Das ist ja unglaublich! Eine Frechheit! Schweinerei!“ Doch natürlich spricht er auch sanft, fast zärtlich manchmal – ganz Tyrann eben.

Die monumentale Auswahl wird auch im Gedenkjahr nur den Brechtianer interessieren – schon des recht dramatischen Kaufpreises wegen. Aber auch Bertolt Brecht wußte ja die historischen Maßnahmen und den privaten Luxus säuberlich auseinanderzuhalten. 3,0

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