Bill Callahan – Woke On A Whaleheart
Er ist ein unwahrscheinlicher Cowboy, dort unten in Texas: Bill Callahan tritt erstmals nicht mit Smog in Erscheinung, jenem monier, der uns seit 1993 treu begleitete. „A River Ain’t Too Much To Love“ war die letzte und bleibt wohl die letzte Smog-Platte, die mit der Klarheit der Geschichten und der Arrangements wenig Behagliches zu bieten hatte. Unbehaglichkeit war stets ein Kennzeichen von Callahans Arbeiten, aber die Intensität und Dramatik seiner frühen Platten (und insbesondere von „Wild Love“ von 1995) hat er doch selten wieder erreicht. Man schätzte ihn als schmächtigen Stubenhocker, als Leonard Cohen für unsere Zeit, verlor aber auch ein wenig die Spur seiner Seelenerkundungen.
Der neue Callahan überrascht nun mit Farfisa- und Hammond-Orgel, mit Synthesizer, Pedal Steel und Violine, mit Piano und Background-Gesang. Plötzlich klingelt es opulent wie bei Lee Hazlewood in „From The Rivers To The Ocean“, ist Callahans Stimme ins tiefste Register gerutscht, stapfen die „Footprints“ beim Squaredance, pumpt der Bass und fiedelt die Geige beim auftrumpfenden „Diamond Dancer“, jingle-jangelt die kregle Byrds-Gitarre beim lieblichen „Sycamore“. „The Wheel“ ist ein Gospel-Shuffle wie aus Springsteens „Seeger Sessions“. Und das ist nur knapp mehr als die Hälfte der Songs.
Neil Michael Hagerty hat diese auf die schönste, üppigste Weise nostalgische Musik arrangiert – neben den Songs ist der Klang an sich die reine Wonne. Und die Art, wie die Stimmen in das wunderbare Ensemblespiel einfallen. Bei „Woke On A Whaleheart“ hat man das Gefühl, dass wieder alles möglich ist in der amerikanischen Musik, Country und Folk und Rezitativ und Ballade und Gitarren-Twang und der Sound der Wurlitzer. Poesie des Westens.