Billy Joel – Live At Shea Stadium

Zum Abschied vom New Yorker Baseball-Stadion spielte der Meister seine unvergänglichen Songs – und begrüßte seinen größten Helden.

Im Juli 2008 trat Billy Joel im New Yorker Shea Stadium auf, bevor es abgerissen wurde – das neue Stadion war bereits neben das alte gebaut worden. Eine Herzensangelegenheit für den Baseball-Narren, der in der Bronx zur Welt kam. Zwar fesselte eine Hüftverletzung Joel an sein Piano, doch auf dem Schemel konnte er nicht still sitzen. Weil das Konzert auch seine eigene Geschichte reflektiert, erinnert er sich an solche wunderbaren Songs wie „Summer, Highland Falls“, „Everybody Loves You Now“ und „Zanzibar“ – „not a hit single in any shape or form“, wie er vorausschickt.

Bei den meisten anderen Stücken könnte man schwören, sie seien Hits gewesen: Für „New York State Of Mind“ kommt Tony Bennett für ein denkwürdiges Duett auf die Bühne, Garth Brooks singt ausgerechnet „Shameless“, John Mayer dudelt bei „This Is The Time“ mit. „Captain Jack“ läutet unfehlbar den zweiten Teil ein, bevor Paul McCartney für „I Saw Her Standing There“ ans Mikrofon springt. Die Beatles hatten das Shea Stadium mit ihrem Auftritt im August 1965 eröffnet – nun bebt das Rund unter dem Jubel von 55.000 Menschen. Der Beatles-Verehrer Joel sitzt schließlich wie ein Schuljunge auf dem Flügel und singt die zweite Stimme, als McCartney „Let It Be“ anstimmt, jovial und viril wie immer.

Die Doppel-DVD enthält den Dokumentarfilm „The Last Play At Shea“, die Billy Joels Karriere mit der wechselvollen Geschichte der New York Mets verwebt und dabei auf Szenen aus dem Konzert rekurriert, als gäbe es für jeden Moment den passenden Song. Mit beträchtlichem Pathos werden „Goodnight Saigon“, „Miami 2017“ und „Lullaby“ in den Reigen eingefügt; noch einmal wird von dem Management-Betrug berichtet, der Billy sein Vermögen kostete, und von der Ehe mit Christie Brinkley, die freimütig über Joels Frisur, seine Freundschaft und Loyalität in den 80er-Jahren plaudert. Der Künstler sagt über das Ende seiner Plattenkarriere 1993: „It just stopped.“

Der Platzwart, der die Beatles 1965 auf den Rasen fuhr, begrüßt jetzt Paul McCartney – der mit Polizeieskorte direkt vom Flughafen kommt – in den Katakomben. McCartney tut so, als könnte er sich erinnern. Ein junger alter und ein sehr alter Mann. 43 Jahre, verweht. (Sony Music) arne Willander

Der Berliner Admiralspalast ist für Helge Schneider eine Art zweites Wohnzimmer. Wochenlang gastiert er dort bei jeder Tour. 22 Mal wird er im April sein neues Programm „Buxe voll!“ geben. Das heißt: Eigentlich wird er 22 Mal über ähnliche Themen improvisieren – Lieder, Jazz, Geschichten, Sprachspiele. Und am letzten Abend wird nichts mehr so sein wie am ersten. Nun erscheint die erste Schneider-Live-DVD zum vorigen Programm „Komm hier haste ne Mark!“. Ein Abend aus dem Admiralspalast. Schneider ist in guter Form, Teekoch Bodo gibt den stummen Sidekick, die Band um Pete York bekommt auch ein bisschen Raum. Schade nur, dass sich im Bonusmaterial statt einiger Klassiker wie „Es gibt Reis, Baby“ nicht Teile einer früheren Performance des gleichen Programms finden, da hätte man noch einiges über das Genie des Improvisationskünstlers Schneider lernen können. (Sony) maik brüggemeyer

Die 1987 gegründete Ska-Instution aus Baden-Württemberg feiert sich hier in gebührendem Format selbst. So gibt es neben dem anderthalbstündigen Konzert auch eine Band-Dokumentation mit „mehr O-Ton, als jemals auf einer Bühne zu hören war“, wie es ironisch im Info heißt. Musiziert wird hier beherzt bis zünftig, und natürlich werden die genretypischen Klischees und Verhaltensweisen bestens gepflegt. Da schwenken die Bläser synchron ihre Instrumente, und während der absolut überflüssigen Gesangsparts werden eifrig die üblichen Hintern-raus-eine-Hand-zum-Knie-Bewegungen geübt. Manchmal wird frohgemut in die Kamera grimassiert; alles wirkt wie der Mitschnitt einer Abiturientenball-Sause. Gute Laune, links, zwo, drei, vier. „Das Konzert für die Ewigkeit“ ist ein endliches Vergnügen. Lieber mal wieder zum Pogo vor Ort antreten! (indigo) max gösche

Gespenstische Landschaften ziehen an der Kamera vorbei, Strommasten stehen wie Mahnmale der Moderne herum, überdimensionale Billboards verkünden – nichts. Dann setzt langsam die Musik ein, rhythmisches Klatschen im Publikum, und Archive stehen auf der Bühne, in rot-blaues Licht getaucht. So hätten U2 das vielleicht in den 80er-Jahren inszeniert, aber den Londonern fehlt die Aura, die Bono und Freunde immer umgab. Archive sehen gewöhnlich aus, und leider klingen sie auch oft so. Man sieht den gewaltigen Aufwand, der betrieben wurde, um das zweistündige Konzert im September 2010 aufzunehmen, doch die stimmungsvollen Bilder überschatten oft die zwischen Pink Floyd und Massive Attack mäandernden Songs, von denen nur wenige im Gedächtnis bleiben. Die schönste Atmosphäre kann eben keine zwingende Melodie ersetzen. (the organisation) birgit fuss

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