Bob Frank & John Murry – World Without End :: Zeitlose Moritaten, ohne überflüssigen Schmock vorgetragen

Jim Dickinson übertreibt ja gern mal. Bob Frank, lässt der Memphis-Advokat (Big Star, Replacements etc.) also verlauten, sei „the greatest songwriter you never heard“ und „World Without End“ so „zeitlos wie der Tod“. Was angesichts des Sujets – gegeben werden exklusiv historisch verbürgte Moritaten in schönster Mörderballaden-Tradition – natürlich auch verrät, dass Dickinson für eine gute Pointe seine halbe Verwandtschaft ans Messer liefern würde. Fragt sich nur noch: Wer ist eigentlich Bob Frank?

Trotz fortgeschrittenen Alters ein fast unbeschriebenes Blatt. Notiert sind bisher eine Verlagssongschreiber-Zeit in Nashville mit dem sehr jungen John Hiatt, ein heute sehr gesuchtes Vanguard-Album aus dem Jahre 1972, ein paar Gigs mit Tim Buckley. Townes Van Zandt, Lightmn‘ Hopkins, ein paar Songs für John Renbourne, John Murry? Noch unbeschriebener. Seit letztem Jahr machen sie in San Francisco gemeinsame Sache und posieren jetzt hinten auf „World Without End“ mit Axt und Schippe wie die Nachhut des irre-stummen Killers aus „Fargo“, wozu auch die Cover-Optik passt: Blut auf Schnee ist ja immer sehr dekorativ.

Man kann viel falsch machen mit solchen Vorlagen, Tim Mooney (American Music Club) macht als Produzent ganz viel richtig. Vor allem ertränkt er diese meist einfach gestrickten Story-Songs nicht in Gimmicks. Das Grauen kommt unaufgeregt ja immer besonders gut. H ier mal ein düster dräuendes Keyboard-Intro („Little Wiley Harpe“), da eine gespenstische Coda (dito und „Jesse Washington“). Und mit „Madeline“ geht es zurück auf den Jahrmarkt, zum großen death waltz, vielleicht weil diese Geschichte am längsten zurückdatiert, nämlich 211 Jahre. Alle Geschichten sind mit Jahreszahlen versehen, fast so, als fürchteten Frank & Murry, ihrer kleinen Expedition ins Herz der Finsternis mangele es sonst an Glaubwürdigkeit und Authentizität. Dabei transzendieren ja gerade die besten dieser Vertonungen die Zeit ihres Ursprungs und leuchten kraftvoll in die Gegenwart herüber. Ist nicht der Todeskandidat „Boss Weatherford“ (Jahrgang 1933) die Blaupause jedes dead man walking im Bush-Land, mit seinem Dank an alle, die ihn so weit brachten? Läge die Blut-Rache des „Joaquin Murietta“, dessen Haupt 1853 ein Kopfgeld-Jäger in die Bar seines Vertrauens trägt, heute nicht viel näher, da der kleine Grenzverkehr zwischen Mexico und den USA nur das Gesetz des Großen kennt? Und könnte die Bad-Boy-Saga von „Kid Curry“ nicht fast ein Warren-Zevon-Outtake sein ?

Nach gut 42 Minuten haben uns Bob Frank und John Murry noch ein paar Fragen mehr beschert, nur eins ist jetzt klar: Jim Dickinson hat wirklich mal wieder übertrieben. Aber nur ein bisschen.

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