Bob Mould – Bob Mould
Der Neuanfang folgt bei Bob Mould dem Prinzip des Zyklus. Nach einer Handvoll epochaler Alben löste der Ami vor acht Jahren in Haßliebe Hüsker Dü auf, um mit „Workbook“ ein inbrünstiges Solo-Debüt vozulegen, und nach zweieinhalb passablen Langspielwerken verkündet er nun das Ende seiner Band Sugar, um ein weiteres Mal im Alleingang zu arbeiten. Doch wenn das Rückbesinnen nur noch ein Automatismus ist und die Abrechnung nur noch der Reflex einer gekränkten Künstler-Seele, geht das natürlich auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Und um die, egal wie altmodisch das klingen mag, ist der 35jährige mehr denn je bemüht.
„Bob Mould“ ist zweifellos das bewegendste Album des Amis seit „Workbook“, das läßt sich schon daran ermessen, mit welcher Anteilnahme in dieser Redaktion das Für und Wider diskutiert wurde. Hier kämpft jemand mit Leib und Seele. Allein, wogegen? Gegen die allmächtige Industrie, wie der sloganträchtige Songtitel „I Hate Alternative Rock“ nahelegt? Oder, wie es „Next Time That You Leave“ suggeriert, gegen eine beendete Beziehung, die sich bei Mould ja immer als Musikerfreundschaft und Liebesgemeinschaft lesen läßt? Oder richtet sich seine Wut vor allem gegen sich selbst? Das mächtig ausholende Eröffnungsstück „Anymore Time Between“ läßt diese Deutung zu. Mould singt: „Sick of yourself/ Sick of being someone else/ I’m sick of everything I am.“
Das zentrale Stück – wenn auch das banalste – ist wahrscheinlich „Art Crisis“. „Everything you hate is everything you created“, lautet eine Zeile. Und die Mauer aus Sound klingt noch einmal wie bei Hüsker Du, die den Haß besungen haben wie niemand zuvor. Zwischen Verachtung und Verbitterung verläuft eine ganz schmale Linie – Bob Mould hat sie mit seinem neuen Album übertreten. Aufgenommen hat er das – nebenbei gesagt: musikalisch exzellente – Werk ganz allein. Er spielte alle Instrumente, stand hinter den Reglern und kümmerte sich ums Artwork. Dem Kontrollfreak bleibt nur die Einsamkeit. Im Booklet steht: „Bob Mould is Bob Mould.“
Es ist nicht sicher, daß dieses Album den Beginn einer neuen Phase im Schaffen von Mould darstellt. Vielleicht sind es die letzten Worte eines Sterbenden.