Bon Jovi :: 100,000 Bon Jovi Fans Can’t Be Wrong
Die Unverbesserlichen aus New Jersey veröffentlichen alles, was noch übrig war.
Sie rechtfertigen sich schon wieder. Gleich im Titel. 100 Millionen verkaufte Platten. So schlecht können wir doch nicht sein, wenn uns alle lieben. Wir sind doch auch was wert Okay, uns hören auch Hausfrauen und Haarspraybenutzer, aber wir sind trotzdem veritable Hardrocker. Schaut uns mal live an. Und außerdem: Wer so viele Fans hat, muss etwas richtig gemacht haben. Das hat die Kelly Family allerdings auch immer gesagt.
Nötig hätten sie diese Apologien nach 20 Jahren nicht mehr, aber es ist irgendwie süß (und ein bisschen albern), wenn Jon Bon Jovi schreibt: „100,000 fans can’t be wrong. Can they? Go on insert a snide remark (here)—“ Die Kommentare kennen wir alle. Sie werden bei dieser 4-CD-Box nicht aufhören, gerade jetzt nicht Denn all die unveröffentlichten, raren und nicht ganz so raren Songs demonstrieren vor allem eins: dass zumindest in den ersten zehn Jahren die Qualitätskontrolle bei Bon Jovi stimmte. Was auf die Alben kam, war allemal besser als das, was nun hier gelandet ist. Bei manchen Stücken kann sich Jon Bon Jovi nicht einmal erinnern, sie je geschrieben zu haben, wie er in der beiliegenden Doku-DVD zugibt Das Gedächtnis ist eben doch ein gnädiges Sieb.
Es wird keinen wundern, dass es „Edge Of A Broken Heart“ nicht auf „Slippery When Wet“ geschafft hat – den Text hätten auch die Scorpions noch hinbekommen, die Melodie bleibt ebenso banal „Taking It Back“ ist Thin Lizzy für Arme, „I Get A Rush“ Status Quo für Reiche. „Thief Of Hearts“, „The Fire Inside“, „Outlaws Of Love“ – die Titel reichen einem schon, die Songs dazu sind nicht weniger klischeereich.
Für Fans ist es natürlich nett, auch mal Tico Torres (der wohl gern Tom Waits wäre) und David Bryan (der sich auch mit Elton John zufrieden gäbe) singen zu hören, Richie Sambora sowieso. Und manch schroffe Demoversion hat auch ihren Charme. Aber richtig gut sind Bon Jovi doch nur dann, wenn sie sich ganz mutig für Tränenzieher oder Rocker entscheiden und nicht im ewig gleichen Midtempo steckenbleiben. Die bittersüße Ballade „Miss Fourth Of July“ steht in der Tradition von „Bed Of Roses“, das ja abgesehen von dem grauenvollen Titel kein schlechtes Lied war, während das wütende „Why Aren’t You Dead?“ sehr amüsant ist, auch wenn es extrem nach „Sleep When I’m Dead“ klingt. Und da steht wiederum die Crux: Wenn einen hier ein Song mitreißt, dann fast immet, weil er an einen anderen erinnert, der einen einst mitgerissen hat. Und diese nostalgische Wohligkeit hält man keine vier Stunden aus.