Bruce Cockburn – Stealinq Fire/Inner City Front/ The Trouble With Normal
Mit seinen immer neuen Rollenwechseln hat der kanadische Singer/Songwriter seinen Bewunderern über die Jahre hinweg beinahe soviel Geduld abverlangt (und dann irgendwann auch abgetrotzt) wie Dylan mit den seinen. Folkie, Mystiker, religiöser Fundamentalist, rabiater Polit-Aktivist, Linksdenker, Deuter und gelegentlich moralisierender Beobachter menschlicher Befindlichkeiten und dann wieder hellsichtiger Visionär; dessen ältere Songs bisweilen eine ganz neue Aktualität gewann: Ausrechnen ließ er sich auch in seinen musikalischen Mutationen nie.
Von Entfremdung handelten viele Songs auf „Inner City Front“ (Indigo, 2,5), auch „Loner“, bester in diesem Songzyklus und eigentlich ein Liebeslied. Einiges poetischer, reicher an Bildern und in der politischen Analyse luzider und unerbittlicher war die Sprache der Songs von „The Trouble With Normal“(3,5).
Komplett desillusioniert klang hier die Botschaft von „Candy Man’s Gone“, fast zynisch das, was er über die Segnungen der westlichen Zivilisation sang. Die Lektüre eines Gedichtbuchs des Sandinista-Priesters Ernesto Cardenal hatte in diesen Liedern tiefe Spuren hinterlassen, am nachhaltigsten in so exzellenten wie „Planet Of The Clowns“ und „Waiting For The Moon“. Der Titelsong war so was wie seine Hommage an The Clash. „Fashionable fascism dominates die scene/ When ends don’t meet it’s easier to justify the means/ Tenants get the dregs and landlords get the cream/ As the grinding devolution of the democratic dream“ reimte er da. Unverblümter konnte er das kaum formulieren: Für so was wie „Political Science“ fehlte Cockburn immer die subversive Gelassenheit und die satirische Distanz eines Randy Newman.
Dass „Stealing Fire“ jetzt mit dem Bonus-Track „Yanqui Go Home“ kommt (alle Remaster-Ausgaben enthalten jeweils zwei), passt zu diesem Album. Dafür hatte Cockburn einige seiner politisch garstigsten Lieder wie „Nicaragua“ geschrieben („._on the cliff the U. S. embassy frowns out over Managua like Dracula’s tower…“). Aber etwas kaum und heute schon gar nicht mehr Vorstellbares passierte: „Heavy Rotation“ auf MTV sorgte dafür, dass „If I Had A Rocket Launcher“ sein erster Hit in den Jahren seit „Wondering Where The Lions Are“ wurde. Songs mit Versen wie „On the rio Lacantnn one hundred thousand wait/ To fall down from starvation – or some less human fate/ Cry for Guatemala, with a corpse in every gate/ If I had a rocket launcher… I would not hesitate“ dürften dort, weil politisch inkorrekt, kaum mehr auftauchen.
Merkwürdig nur, dass er ein so plattes, schwaches Lied wie „Maybe The Poet“ für das Album auswählte, das ungleich bessere „Call It The Sundance“ (zweiter Bonus-Track hier) bis heute unveröffentlicht ließ. Sehr gutes Hochbit-Remastering bei allen CDs. Gerade ein Song wie „Nicaragua“ gewinnt an Ohrwurmqualität.