BUENA VISTA SOCIAL CLUB DVD
Gleich zu Beginn des Films sehen wir eine Heimkehr. Compay Segundo, der elegante 92-jährige Sänger und Gitarrist, lässt sich in einem Cabrio durch die Straßen von Havanna chauffieren, blickt wenig interessiert umher, zieht hin und wieder an einer Zigarre. Der Fahrer bremst und fragt einen Passanten nach diesem legendären Club im Stadtteil Buena Vista. Ja, der sei irgendwo da drüben, antwortet jemand, ein anderer Mann stimmt vage zu: Jawohl, aber den Club gebe es schon lange nicht mehr. Immer mehr Leute eilen herbei, Kinder und Frauen, und alle spekulieren jetzt darüber, ob es die Hausnummer 41 gewesen sei oder 57. Eine Frau behauptet, sie habe in dem Gebäude sogar gewohnt. Wenn viele Autos auf der Straße fahren würden, gäbe es jetzt ein Chaos. Aber Compay Segundo raucht weiter seine Zigarre und deutet mal hierhin, mal dorthin, und die Menschen denken weiter lautstark darüber nach, wo der Social Club von Buena Vista einst beheimatet war.
Wim Wenders‘ „Buena Vista Social Club“ erzählt von kubanischen Musikern, fast ausgestorbener Kunst und dem Traum von Amerika
Drei Jahre früher, 1996, war der amerikanische Gitarrist Ry Cooder nach Kuba gekommen, um ein Album mit den Cuban All-Stars aufzunehmen. Cooder ist einer der besten Gitarristen der Welt und vielleicht der größte Ethnologe unter den Musikern: Er hat auf seinen Platten die Folklore der USA erforscht, dann die lateinamerikanische Musik untersucht und schließlich die afrikanische, auch ist er einer der berühmtesten Soundtrack-Komponisten überhaupt. Cooder arbeitete mit wunderbaren kubanischen Musikern wie dem Pianisten Rubén González, dem Gitarristen Eliades Ochoa und dem Sänger Ibrahim Ferrer; die beinahe orchestrale Besetzung ließ den kubanischen Son der 50er-Jahre wieder aufleben. Am Ende der Aufnahmen entstand wie nebenbei ein Soloalbum von Rubén González.
Als das Buena-Vista-Album im Jahr 1997 erschien, war es in Europa eine Sensation. Viele ältere Musikliebhaber hatten sich von der Popmusik abgewandt und suchten in der sogenannten Weltmusik nach Authentizität und Seele – „Buena Vista Social Club“ war ein Quell aus Virtuosität und Einfühlung, Körperlichkeit und Erotik.
Bei den ersten Auftritten des Clubs der alten Herren in Amsterdam filmte Ry Cooders Freund Wim Wenders, der mit ihm „Paris, Texas“ realisiert hatte. Wenders folgte dem Ensemble dann nach Havanna, wo die unvergesslichen Bilder von der Fahrt durch die marode Stadtlandschaft entstanden: wie Ry Cooder und sein Sohn Joachim die leider so malerisch verfallenenen Quartiere auf einem Motorrad mit Seitenwagen erkunden. Ibrahim Ferrer und die einzige Sängerin der Gruppe, Omara Portuondo, erzählen von ihrem Leben. Dazwischen sieht und hört man die Proben für weitere Konzerte des mittlerweile ruhmreichen Ensembles.
Und schließlich ist Ferrer in New York City und staunt – er hatte Kuba nie zuvor verlassen. Der Buena Vista Social Club triumphiert in dem gloriosesten aller Musiksäle, der Carnegie Hall. Wim Wenders beobachtet die Städte und Menschen mit derselben Neugier, mit der er in den 70er-Jahren durch Deutschland streifte und später Amerika und Japan betrachtete: Es ist der Blick eines Kindes, das alles zum ersten Mal sieht.
Die Musiker des Buena Vista Social Club leben nicht mehr. Aber dieser Film belegt mit der schönsten Musik der Welt, was sie vollbracht haben.
Music Movies
No. 14
Die „ROLLING STONE Music Movies Collection“ wird mit zwölf weiteren Filmen fortgesetzt. In Kooperation mit Arthaus folgen Werke von Francis Ford Coppola, Woody Allen und Wim Wenders, wunderbare Dokumentationen und einige Annäherungen an die bizarren Aspekte des Rock’n’Roll. Die Filme sind im Handel sowohl einzeln als auch gesammelt in einer Editions-Box erhältlich, natürlich wieder mit Liner-Notes der Redaktion und im Digipack. Für die Leser des ROLLING STONE bieten wir die Direktbestellmöglichkeit der Gesamtedition. Abonnenten können die Box zum Vorzugspreis von nur 99 E erwerben, der Leser zahlt 105 E inklusive Versand.
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13 The Doors – When You’re Strange
14 Buena Vista Social Club
15 Sweet And Lowdown
16 Get Back – Paul McCartney
17 It Might Get Loud
18 Studio 54
19 Joe Strummer – The Future Is Unwritten
20 The Cotton Club
21 Lightning In A Bottle
22 Full Metal Village
23 Detroit Rock City
24 Festival Express