Cara Dillon – After The Morning
Hülle vertauscht? CD falsch abgelegt? Ist sie’s wirklich? Kann nicht sein. Nochmal genau gucken. Doch, das ist wirklich Cara Dillon – und nicht eine dieser immer etwas unsicheren Nashville-Novizinnen, die schon so ein bisschen nach welchen Wurzeln auch immer schielen (in diesem Fall: Bluegrass) und doch den Blick nicht verlieren wollen auf die vermeintlichen Erfordernisse des Big Business auf der Music Row. Derlei Gedanken kommen quälend, doch unaufhaltsam – unweigerlich auf, hört man den ersten Song des dritten Albums der irischen Sängerin, die zuvor doch zu den schönsten Hoffnungen berechtigte und einige davon ja auch schon einlösen konnte.
Und dann denkt man auch gleich: Aber das hat sie doch schon hinter sich! Den Kampf mit dem Kommerz, und mit den Erwartungen, die sich daraus an eine Künstlerin wie sie in gar nicht so schöner Zwangsläufigkeit ergeben. Equation hieß das entsprechende (Band-)Kapitel in ihrer Biografie.
Sowas schießt einem Sympathisanten dieser Frau mit der Ausstrahlung und Anmutung einer frischen Brise nach endloser Flaute durch den Kopf. Bis dieser Kopf entscheidet, das so eingängige wie doch eher banale „Never In A Million Years“ (der erste Song) einfach „Never In A Million Years“ sein zu lassen bzw. einfach zu überspringen. .After The Morning“ fängt für mich also erst mit den schönen Synkopen von „I Wish You Well“ an.
Und plötzlich ist alles wieder da, diese wundervolle Stimme natürlich, die da anfangs auch so zögerlich wirkte (wahrscheinlich weil sie tief drinnen spürte, was sie da eigentlich sang), aber auch die Songs, die dieser Stimme schmeicheln, sie lebendig werden lassen, statt sie in Harmonie-Konfektion zu ersticken. Kreisende Folk-Songs wie die Geschichte von „Bold Jamie“, der es allen noch mal zeigen wird, irgendwann. Wie das mit satten Streichern ausklingende „The Snows They Melt The Soonest“. Wie das tröstliche „Walls“, in dem selbige irgendwann doch fallen werden. Wie das nur von Klavier und Cello getragene „The Streets Of Derry“, die Cara Dillon hier Seite an Seite mit Paul Brady als Duett-Partner hinuntergeht – und zwar so, als hätten sie das schon immer getan. Haben sie ja vermutlich auch, ideell betrachtet. Der Ire als Landsmann- oder Frau mag noch so wirtschaftskräftig und leider auch teuer geworden sein (im Pub um die Ecke) – sein musikalisches Herz und damit auch das von Cara Dillon schlägt immer noch einen Tick anders. Schneller und ruhiger zugleich. Da kann es ein „Never In A Million Years“ nicht wirklich aus dem Takt bringen.