Cash

„Cash“, herausgegeben von Jason Fine, ist sicher das ansprechendste Buch, das es in deutscher Sprache über Johnny Cash gibt. Kein Amateurgefasel und Attitüdengeschreibsel, sondern fakten- und kenntnisreiche Beiträge von (ROLLING STONE-) Autoren, die sich nicht erst seit zehn Jahren mit diesem Mann beschäftigen, darunter David Fricke.MikalGilmore und der mittlerweile verstorbene Ralph J. Gleason. Gilmores biographischer Abriß bildet den Rahmen, darüber hinaus wird keine lineare Geschichte erzählt, Details sind über 20 Artikel und Aufsätze verstreut. „Cash“ ist ein Reader, dessen literarische Versatzstücke nur verstanden werden können, sofern man sich des jeweiligen Datums versichert, an dem sie verfaßt wurden. So ist Jancee Dunns „Mr. Cool“, erstmals veröffentlicht 1994, ein eher belangloser Hey-der-Mann-hat’s-noch-drauf-Hinweis, während Gleasons „Johnny Cash trifft Dick Nixon“ von 1970 bei aller Kürze mehr aussagt als manch wortreiche Rückblick-Analyse, weil sie aus der eigenen Zeit geschrieben wurde. Greg Kots „kritische Diskographie“ ist, wie auch anders, diskutabel und gerade deshalb lesenswert. Wie auch die Auszüge aus Cashs Autobiographie und diverse Interviews. Dazu viele schöne Fotos, ein Vorwort von Tochter Rosanne und Nachrufe von bewundernden Kollegen. 4,0 „Johnny Cash At Folsom Prison“ (Da Capo, ca. 30 Euro) von Michael Streissguth ist keine Einsteiger-Lektüre wie „Cash“, sondern wurde für Aficionados geschrieben, die sich im Cash-Kontinuum bereits gut auskennen, gern aber noch genauer Bescheid wissen wollen. „The Making Of A Masterpiece“ hat Streissguth seine RechercheArbeit untertitelt, die ihn dorthin führt, wo Musik-Politik gemacht wurde in den späten 60er Jahren. Columbia-Boß Clive Davis war gegen die Gefängnis-Gigs, fürchtete um Cashs Ansehen in der Law & Order-Fraktion der Country-Community. Produzent Bob Johnson, der für Dylan und Simon & Garfunkel Studio-Aufnahmen überwacht hatte, setzte sich über die Bedenkenträger hinweg und erntete dafür am Ende von ebendiesen anerkennendes Schulterklopfen. Großartig dokumentiert, mit fantastischen Fotos von Jim Marshall. 4,5 „Big Star – The Story Of Rock’s Forgotten Band“ (Fourth Estaie, ca. 28Euro)von Rob Jovanovic ist wohl das erste Buch über die semilegendäre Gruppe aus Memphis, der begriffsstutzige Schreiber gerne mit dem Unwort „Kult“ zu Leibe rücken. Tatsächlich waren Big Star trotz eklatanter Unverkäuflichkeit ihrer Platten wichtig, weil sie mit ihrem Song-starken Cocktail aus Anglo-Pop und West-Coast-Folkrock diese Spielarten lebendig hielten, inmitten von Glam, Glitzer und Prog-Peinlichkeiten. Wer damals, 1972, das Glück hatte, „The Ballad Of El Goodo“ im Radio zu hören, war nicht nur überwältigt, sondern überzeugt davon, einer gloriosen Wiederkunft der Byrds beizuwohnen. Jovanovic gelingt es, diese Magie dingfest zu machen, obwohl mit Alex Chilton und Chris Bell die zwei wichtigsten Big Stars nicht zu Stellungnahmen zur Verfügung standen. Letzterer, weil er seit 26 Jahren tot ist, Chilton, weil er wie so oft den Unberechenbaren mimte und nicht ansprechbar war. So fehlt dem Buch, insbesondere der Vorgeschichte um die Box Tops, eine autoritative Stellungnahme der Hauptprotagonisten, ein Mangel, den die Einlassungen Dutzender anderer Zeitzeugen nicht ganz wettmachen können. 3,5 „Passion Is A Fashion – The Real Story Of The Clash“ (Autumn, ca. 35Euro)von Pat Gilbert ist die xte Band-Bio seit Strummers Tod, aber fraglos eine der besten, geschrieben mit Gespür für die Gegebenheiten seinerzeit und mit Gefühl für die Helden dieser Punk-Saga, mit denen Gilbert einen persönlichen Rapport hatte (und hat). Es ist im Kern ein Buch über London, über kulturelle Eigenständigkeit und den Zwang zu Anpassung, über Stolz und Stupidität. Und über die beste, wildeste, eigensinnigste, widersprüchlichste und rock’n’rolligste Band der Jahre 1977-79. Was hinter den Kulissen ablief an manipulativen und nicht selten destruktiven Aktionen kommt indes nicht zu kurz, keiner der Sympathen verdient sich einen Heiligenschein. Dennoch drängt sich während des Lesens hier und da ein Vergleich mit neuzeitlich-kontroversen Rowdy-Acts aus London wie den Libertines auf: fuckin‘ depressing, innit? 4,5 „Suicide – No Compromise“ (SAF Publishing, ca. 36 Euro)von David Nobakht ist eine „Oral History“ der New Yorker Electro-Rockabillies, will sagen: nicht kolportiert, sondern aus dem Gedächtnis derer zusammengefügt, die es wissen müssen. Beide Künstler, Alan Vega und Martin Rev, standen dem Autoren viele Stunden lang Rede und Antwort. Suicide-Fans wie Michael Stipe, Marc Almond und Moby runden das Bild aus Rezipienten-Sicht ab. Die turbulente Story eines Duos, dem in Punk-Schuppen schon mal das Keyboard mit Bierflaschen malträtiert wurde und dem man später fälschlicher- wie fatalerweise eine Mittäterschaft bei der Erfindung des Synth-Pop unterstellte. Dabei waren Suicide stets Punk, nie weniger. Paradox. 4,5 „Wer nicht spurt, der bekommt eins hinter die Löffel“: Domina Sonja Zietlow und Sternekoch Christian Räch drohen diabolisch (24 Euro)

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