Cathal Cougman – Black River Falls :: Der ehemalige Microdiesney-Musiker hat sein Temperament gezügelt
Grenzenlosen Appetit, vor allem aber unendliche Toleranz musste mitbringen, wer die Karriere des Ex-Microdisney-Mannes in den 90er Jahren en detail verfolgen wollte. In dem Maße, in dem Ex-Partner Sean O’Hagan mit den High Llamas seine musikalische Mitte fand, wucherte und wütete Cathal Coughlan mit seinen Fatima Mansions an den Rändern, manchmal genial, zu oft maßlos, krude, autistisch: Ein Tanz am Rande des Vulkans, der ihn nicht selten verschlang. Coughlan coverte Ministry, R.E.M., Scott Walker, Bryan Adams, Richard Thompson, Velvet Underground – und niemand da, der ihm Einhalt gebieten konnte.
Ob der jetzt da ist oder der Ire aus Cork sich einfach mehr Selbstdisziplin verordnet hat, lässt sich per Ferndiagnose nicht ergründen, ist für das Ergebnis aber zweirangig. „Black River falls“ jedenfalls, sein zweites Solo-Album, ist zentrierter, in sich stimmiger,
ohne mit Reizen zu geizen. Der Schock wirkt nicht mehr so kalkuliert, aber schön schrecklich geht es schon zu. „The Ghost Of Limehouse Cut“, der erste Song, erzählt in fast traditionellem Folk-Gestus von einem fehlgeschlagenen, aber folgenschweren Kidnapping – das passende Fanal für diese Parade gebrochener Existenzen am Rande des Verschwindens: „Blow me down, I’m a paper man“ („Dark Parlour“). Und manchmal bleibt nicht mal Papier, sondern nur Staub (zu Staub) und Asche (zu Asche), wie im Nachruf „Payday“. „I’m ready to quit black river falls but it just won’t quit me“, singt Coughlan würdevoll doch hilflos. Ja, Melodrama gibt es hier reichlich, in Songs, die „Out Among The Ruins“ und „Cast Me Out In My Hometown“ heißen, getragen von Coughlans sonor erzählender, aber immer wieder expressiv aufbrechender Stimme.
Im schwelgenden „Officer Material“ wickelt sich der junge Liebhaber im Morgengrauen um einen Baum, ein letztes „faithful“ auf den Lippen. „Like a dog, a dock, a servant“, höhnt die überlebende Lady und weiß: „He’s better off dead, better-loved, better served, better-fed.“ So stringent wie hier sind die – auch mit Streichern aus dem Vollen schöpfenden Arrangements nicht immer; in „God Bless Mr. X“ und im sogar mal munteren „Frankfurt Cowboy Yodel“ etwa blitzt schon noch etwas auf vom alten Vulkan-Tänzer. Aber die Lava siedet nicht mehr, ja ist hier und da sogar angenehm abgekühlt „I’m a ghost, my story’s told…“ Offenbar doch noch nicht ganz.