Christian Kjellvander

Faya

Das zweite Album des Schweden: Northern Blues mit viel Kontemplation

„I spent the past five years thinking and the last five hours drinking“. Für einen Moment stellt man sich vor, Dwight Yoakam würde diese Eröffnungssentenz kredenzen, und Vorfreude würde keimen auf einen dieser existentialistischen Barhocker-Songs, die einen lachend überkippen lassen, wahlweise nach vorn oder hinten. Aber natürlich singt hier Christian Kjellvander diese Zeilen, zum Auftakt von „Drag The Dirt In“, und meint das auch so ernst, wie er es vortragt. Na, ist ja auch kein Spaß, die Beziehungs-Schmutzwäsche zu sichten, zu sortieren, zu waschen.

Die immer drängendere, aber nicht bittere Abrechnung beschließt die erste Hälfte des zweiten Solo-Albums des Schweden, die handelsüblichen, oft dick aufgetragenen Northern Blues und in der Wolle gefärbte Americana reicht. Nie ganz schlecht, nie herausragend, immer knapp am bloß Epigonalen vorbei. „Drunken Hands“ – kurz grüßen die Walkabouts – soll die nach vorn gehende Single sein, kommt dafür aber nicht schnell genug zur Sache. Die zerbrechliche Ode auf ,Juanita“ müßte Leonard Cohen zum Schmunzeln bringen. Ebenso stilecht wie absehbar beweint eine Pedal-Steel die Country-Elegie „Chose The City“.

Skane im Süden Schwedens wurde für „Faya“ gewählt, weil da eine alte, flugs zum Studio umgerüstete Schule steht. Auf einem Hügel! Von da ist bestimmt die Kirche zu sehen, deren Glocken im Pausen-Instrumental „Dreadful (Isn’t It)“ die zweite Hälfte des Werks einläuten, abgelöst von offenen Akustik-Akkorden, Geisterstimmen aus der Ferne, filmschweren Streichern. Ein gefundenes Fressen immerhin für Craig Schumacher (Calexico), der eigens aus Tucson für den untadelig organischen Mix anreiste. Kjellvander indes ergibt sich nach diesem Intermezzo mit Pathos fast ganz dem Kontemplativen, in stillen Andachten wie „Silver & Blue Line“ und „Union Lake“. Nur gut, daß Nina Persson (Cardigans) zwischendurch noch auf einen Drink vorbeischaut und den stoischen Gefährten noch mal ins Rollen bringt. „Roaring 40’s“ heißt die Nummer, stammt aber nicht aus dem Nostalgie-Club und birgt obendrein den intensivsten Moment des Albums wenn nämlich beide für Sekunden innehalten und nichts als Stille den Weg bereitet für den melodramatischen Sturm, der dann unweigerlich hereinbrechen muß. Da helfen nicht mal fünf Stunden Saufen. (startracks/Vz.

20.1.)