Cinerama – Disco Volante

David Gedge hat ein übles Spiel mit uns getrieben! Geschlagene 14 Jahre lang hat er uns in dem Glauben gelassen, er könne nicht singen. Es waren 14 turbulente Jahre, in denen der Mann aus Leeds als Kopf der Band The Wedding Present bereits mit dem wegweisenden Debütwerk „George Best“, das dem heute schwer alkoholkranken britischen Fußballer gewidmet war, zu einer kleinen Indie-Legende avancierte. Auch wenn der wüste Schrammel-Pop von The Wedding Present, zu dem Gedge oft schnoddrig-missgelaunt versuchte zu singen, zu späteren Zeiten immer melodischer wurde, war doch schon das Debüt seiner neu formierten Band Cinerama („Hl Va Voom“, 1998) wahrlich ein Aufbruch in eine fest vollkommen neue Welt, der ehedem kaum bemerkt unterging.

Bereits der Opener der nun veröffentlichten zweiten Cinerama-Platte „Disco Volante“, „146 Degrees“ betitelt, ist so heiß und von solch herzerweichender Grandezza, dass man den Mund nicht mehr zu bekommt. Der unaufdringliche, aber bewegende Gesang, den viele von Gedge in dieser Form nicht erwartet hätten, klingt wie eine Mischung aus Jarvis Cocker und Neil Hannon (The Divine Comedy).

Weisen wie „Your Charms“ oder „Superman“ sind verkable Lektionen in Sachen Pop-Songwriting und gemahnen gelegentlich an Jack, Rialto oder die ebenfalls gesunkenen My Life Story – mit dem Unterschied, dass Gedge die besseren Songs auf der Habenseite hat. Während Surf-Gitarre, Spinett oder Glockenspiel zu wohldosierter Tragik erklingen, positioniert sich Gedge, die Lollobrigida besingend, zwischen Serge Gainsbourg und dem Vaudeville. Spätestens dann, wenn Gedge beseelt zu opulenter Streicherbegleitung „I don’t really care/ That you’ve found another lover“ anstimmt, ist es um jeden Menschen mit Herz geschehen. Ein fabelhaftes Album.

Eine Werkschau im Kleinen dagegen ist „This is Cinerama“ (4,0), das die 13 Songs der ersten vier Single-Veröffentlichungen des Quintetts kompiliert Etwas ähnliches hatten sich The Wedding Present 1988 mit „Tommy“ auch ausgedacht. Müßig zu erwähnen, wie sehr sich diese beiden Zusammenstellungen voneinander unterscheiden. Die Melodieführung erinnert auch auf „This is Cinemtna“ dann und wann an Pulp zu „His ‚N Hers“ oder „Different Class „-Zeiten, zudem glänzen die Delgados und The Church mit Gastauftritten. Das Songmaterial? Größtenteils glorios.

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