Curtis Mayfield – New World Order

Darf man das fragen? Oder ist es nur blanker Zynismus? Darf man also fragen, ob Curtis Mayfield jemals wieder so weit in den Blickpunkt (nicht zuletzt der Plattenindustrie) gerückt wäre, wenn ihn nicht vor gut sechs Jahren auf einer Open-air-Bühne in Brooklyn ein herabstürzender Lichtmast vom Hals abwärts gelähmt hätte? Oder wäre seine Zeit via HipHop-Samples ohnehin wieder gekommen? Klar scheint: Die Tribute-Alben von 1993 und ’94 hätte es ohne das Desaster kaum gegeben, zumindest nicht die Aufmerksamkeit, die ihnen zuteil wurde. Ansonsten sollte man sich einfach freuen für einen Mann, der seine Stimme – dieses dünne und doch so eindringliche Instrument – dann doch nicht verloren hat, wie lange zu befürchten stand. Auch wenn sie heuer noch ein bißchen dünner daherkommt, wenn Mayfield singt: „No one knows about a good thing, until a good thing’s gone.“ Eben.

Fragt sich nur: Wie nach einem solchen Einschnitt weitermachen? Nur an der Legende basteln? Oder reicht die Kraft doch für neue Horizonte? Mayfield – noch nie ein Mann radikaler Eindeutigkeiten, aber immer einer für umbequeme Wahrheiten – entschied sich bezeichnenderweise für den Mittelweg. Der wird ausgerechnet mit der Neufassung seines Klassikers „We People Who Are Darker Than Blue“ auf den Punkt gebracht Es ist nachgerade erschütternd, wie beunruhigend zeitlos dieser Song geworden ist, in seiner Absage an eine autarke „Black Nation“ ebenso wie in der Bloßstellung von schwarzer Mysogynie und „Black On Black“-Crime. Denn: „When the time comes and we’re really free, there’ll be no brothers left, you see.“

Daran können eigentlich nur zwei neue Songs anknüpfen: „Here But I’m Gone“, ein lakonisches, schonungsloses Dokument der eigenen Verunsicherung, Orientierungslosigkeit, Hilflosigkeit. Und schließlich der Titelsong, in seiner Adaption eines berüchtigten George Bush-Bonmots gewissermaßen die Soul-Antwort auf Neil Youngs „Rockin‘ In The Free World“ und seine „kinder, gentler machine gun hand“. Denn auch Mayfield weiß: „Freedom’s never been free.“

Der Rest, von Roger Troutman und Organized Noise „zeitgemäß“, aber auch wenig geschmackssicher produziert, kann da – trotz emsiger Gastspiele der treuen soul sisters Mavis Staples und Aretha Franklin – nicht mithalten. Zuweilen erschöpft sich diese „New World Order“ gar in süß-saurem Lovers-Soul-Schmus und fürs Vormittagsprogramm. Aber vor Banalitäten war Curtis Mayfield ja noch nie gefeit. Warum sollte es jetzt anders sein?

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