Dayna Kurtz – Another Black Feather
Dayna Kurtz hatte Angst. Sie war glücklich. Frisch verheiratet, schön zufrieden. Wie soll man so Songs schreiben können – vor allem den finsteren Folk, den sie bisher so virtuos beherrschte? Also zog sie sich – Achtung, Klischee! – in die Wüste Arizonas zurück, in eine Hütte ohne Elektrizität. Und schrieb – gar nicht so erstaunlich – doch wieder lauter tolle Songs, die ohne Klischees auskommen, aber dermaßen viel Kraft haben, daß man am Ende ganz erschöpft ist.
Es ist natürlich diese tiefe, fast jenseitige Stimme, die einen auch diesmal kriegt, ob sie von „Venezuela“ erzählt oder von „Nola“ schwärmt. Der Song entstand schon vor dem Hurrikan, aber die unbändige Sehnsucht nach der Stadt schmerzt jetzt natürlich besonders. Immer wieder singt sie „New Orleans, I’m Coming for more“, wie ein Mantra.
Beim Titelsong und bei „Right For Me“ singt Malcolm Holcombe die zweite Stimme, es könnte auch Steve Earle sein – dessen weibliches Pendant Kurtz praktisch ist. Sie hat die gleiche Wut, sie knarzt nur ein bißchen weniger. Sie kämpft auch für eine bessere Welt, aber nicht mit der Dampfwalze, eher mit einem Kopfschütteln. Kurtz singt von der Liebe, klingt aber immer, als habe sie eine dunkle Ahnung, daß das nichts werden könnte mit der schönen Zukunft. Und dann entscheidet sie sich doch für die Hoffnung: „I don’t think you’re right in the head/ But I think you’re just right for me.“
Bei „It’s The Day Of Atonement, 2001“ ist die Verzweiflung offensichtlicher, es geht natürlich um 9/11 und das Gefühl danach: „Well, I never had faith/ so, well never be safe/ We never were safe anyway“. So weit, so normal – aber dann wagt sie sich weiter vor: „Mohammed is pacing/ When he isn’t kneeling/ Jesus can’t talk/ He’s too busy weeping.“ Der Tag der Sühne im Jahr 2004 kommt schließlich auch noch: „Wbuld Jesus be happy we evened the score/ You hypocrites, bullies who profit from war/ May your gods all spit on your graves“.
Die Coverversionen am Ende – Bill Withers‘ „Hope She’ll Be Happier“, Johnny Cashs „All Over Again“ hätte sie sich vielleicht sparen können, aber manchmal helfen solche Übungen ja, wieder eigene Ideen zu entwickeln. Viel Auswahl an Inspiration hatte Dayna Kurtz nicht: Sie nahm in die Wüste weder Romane noch Platten mit, nur die Erinnerung. Da fallen einem seltsame Dinge ein und in diesem Falle zum Glück auch große Songs.