Death Cab For Cutie – Plans
Jetzt kommen wieder die Weicheier-Vorwürfe gegen Death Cab For Cutie. aber weil wir die kleine Band aus Seattle nicht unbedingt ärgern wollen und zudem einen höchst differenzierten Tag haben: Das Gelände ist doch so voller Weicheier, ganz unterschiedlicher Weicheier, daß dieses Plattwalz-Argument allein gar nichts aussagt. Und die sechste Death Cab-Platte (die erste bei einem Major-Label, vier frühe werden im „Replays“-Teil besprochen) ist so gut – möglicherweise ein Klassiker der weltumspannenden Weicheier-Musik.
Obwohl sich prinzipiell nichts geändert hat. Für die, die mit vollem Recht noch nie von der in Indie-Kreisen langgedienten Band gehört haben: ein Gespinst aus Zuckerfäden, der Unterschied zwischen akustischen und elektrischen Gitarren praktisch aufgehoben, Lennon-Klavier, leichte Besen-Marschtrommel oder resolut herzschlagender Rhythmus, Baßlinien, die wie Fragen um ihren Gegenstand kreisen. Der hohe, flußklare Gesang von Ben Gibbard. aufrichtig und kugeläugig, ein kleiner Labrador. Als würde man bei Coldplay das Wummern, das Selbstklebende, die ausgestreckten Arme abziehen. Musik, die es vor 15 Jahren so nicht gab: Oeath Cab For Cutie und Genossen kommen über Umwege vom instrumentalen Postrock und vom Hardcore-Punk, nicht vom Folk- und Songwriter-Pop. Hier stecken Spuren von Verweigerung, die man kaum noch hört.
Und „Plans“ ist genau deshalb viel besser als das meiste, was aus dieser Ecke stammt (und als die neue Coldplay). weil der Sand endlich auch Lieder herausrutschen, die nach dem ersten Hören im Gedächtnis bleiben. Kleine Zugeständnisse ans Konventionelle, die lustigerweise wie große Brüche wirken: „Marching Bands Of Manhattan“ mit seiner extrem höflichen Steigerung, die Himmel-oder-Hölle-Nachtballade „I Will Follow You Into The Dark“. das gleichzeitig ätherische und stampfende „Someday You Will Be Loved“ und so weiter. Musik als atmosphärische Inneneinrichtung und Lichterkette, das können sie, das war bekannt. Ab sofort kann man Death Cab For Cutie auch mitsingen. Ganz, ganz leise.