Depeche Mode

„Sounds Of The Universe – 12’’ Singles“

Universal (VÖ: 4.8.)

Eine Anthologie von Maxi-Single-Remixes

Depeche Mode überstanden nicht eine, sondern zwei Krisen. 1996 stand die Band nach dem Ausstieg des Arrangeurs Alan Wilders und einer Nahtoderfahrung Dave Gahans vor dem Aus. Sein Überleben verstand der Sänger auch als Auftrag künstlerischer Neuorientierung, er meldete erstmals eigene Kompositionen beim bisher alleinigen Songwriter Martin Gore an. „Playing the Angel“ von 2005 enthielt die ersten und sogar guten Gahan-Stücke. Die Aufnahmen aber sorgten für Kompetenzgerangel, auch, weil Gahan zuvor zwei Soloalben herausbrachte und live auch DM-Klassiker zu seinen eigenen machte.

Doch auch diese Auseinandersetzung ging vorüber; Gore und Gahan erkannten, dass Depeche Mode keine vollends gelungenen Alben mehr herausbringen mussten, um nicht mehr nur Hallen, sondern schon riesige Felder befüllen zu können. Mit Studioalbum zwölf, „Sounds of the Universe“, traten Depeche Mode in die Ära der Stadionbands ein. Die Maxi-Single-Kollektion mit sieben LPs widmet sich den drei Singles eines wuchtigen Werks: Gore wurde zum bis heute überzeugten Ebayaner und kaufte sich auf der Second-Hand-Plattform allerlei alte analoge Geräte. Jeder Ton sollte so monolithisch klingen, als wäre er auf haushohen Synthesizern der 1970er-Jahre eingespielt worden.

Es wabbelt viel, es hämmert wenig. Die „Klänge des Universums“ spiegelten auch Gores spirituelle Seite wider. In „Little Soul“ (leider nicht als Single erschienen) beschwört er die Einigkeit von Individuum und Weltraum, denn wir alle sind aus Sternenstaub gemacht, das Ganze ist in uns, und wir sind das Ganze: „I’m channeling the universe / It’s focusing ist love inside of me / A singularity“.

Als erstes Stück wurde „Wrong“ ausgekoppelt, das die „Vorabsingles müssen schockieren“-Tradition von „Personal Jesus“, „Stripped“ und „I Feel You“ fortführen sollte, vielmehr aber die Schwäche der Martin-Hillier-Produktion, nach „Playing the Angel“ ein weiteres mal an den Reglern, offenlegt: Gahan singt sich verzweifelt an einem Bubblegum-Rhythmus ab. Man stelle sich vor, was Alan Wilder aus diesem Lied über einen Außenseiter, der nur noch dunkle Tage kennt, gemacht hätte. Die Band mag das Lied dennoch, hat es bis zur aktuellen „Memento Mori“-Tour in ihrer Setliste mitgeschleppt.

Nicht zu allen „Universe“-Songs haben Depeche Mode Zutrauen gehabt. Mit „Fragile Tension“ veröffentlichten sie erstmals eine Single, die sie auf Konzertreise nur ein einziges Mal aufführten. Dessen zweite A-Seite ist „Hole To Feed“, jene Sorte belangloses Album-Stück Nummer zwei, die heutzutage auch auf Depeche-Mode-Konzerten gleich am Anfang verfeuert werden; möglicherweise deshalb als physische Single erschienen, damit ihr Komponist Dave Gahan zusätzliche Einnahmen verzeichnen kann.

Dass Martin Gore „Peace“ als einer seiner stärksten Songs überhaupt bezeichnet, ist vielleicht etwas hoch gegriffen, doch das Midtempo-Duett mit Gahan ist ein Herzstück der Platte – ein Friedenslied, das 2009 nicht einem territorialen Konflikt zugeordnet wurde, vielmehr als „gemeinsam sind wir stark“-Power-Hymne funktioniert.

„Sounds of the Universe“ war das erste Album ohne B-Seiten. Bis auf das auch hier enthaltene Expanded-Edition-Outtake „Oh Well“ versammelt diese Edition volle 33 Versionen von sieben Albumtracks. Für Komplettisten sicher ein Pflichtkauf – als Hörerlebnis jedoch ist „The 12‘‘“, trotz prominenter Remixer wie Jonsi, Justus Köhncke oder Trentemøller, die schwächste aller bisherigen zwölf Maxi-Sets. Wer zum Beispiel LP 3 auflegt, erhält auf zwei Seiten einmal „Come Back“, aber eben auch viermal „Peace“. Solche Tracklistings sind ein Fall für digitale Abspielungen – und der Möglichkeit eines Skips.