Der freie Wille – Matthias Glasner

Diesen Film hätte man Glasner, der sonst zur eher affektierten Inszenierung neigt, nicht zugetraut. Sein Seelendrama über einen Triebtäter, der nach seiner Haftentlassung ein geordnetes Leben zu führen sucht, beginnt mit einer Vergewaltigung und endet mit einer Verzweiflungstat, wie man es in einem deutschen Film noch nicht gesehen hat. Dazwischen zeigt Glasner in langen Einstellung, mit viel Geduld und knappen, ruhigen Dialogen den Alltag von Theo (Jürgen Vogel). Wie er arbeitet, einkauft, sich beim Kampfsport abreagiert, sich Pornos ansieht und onaniert. Ein Leben wie in Zeitlupe, in Trance – während um in herum eine Welt übersexualisierter Reize seinen Willen, seine Angst vor Kontrollverlust strapaziert. Als er Nettie (Sabine Timoteo) trifft, die sich von ihrem klammernden Vater zu befreien versucht, mag er sie im Bett erst gar nicht berühren. Glasner psychologisiert nicht, er dokumentiert. Trotz Vogels Intensität: Drei Stunden wirken bleiern.

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