Desperation :: Den Paul McCartney des Punk hat man Greg Cartwright schon genannt, meinte das aber nicht pejorativ oder gar beleidigend, sondern spielte vielmehr anerkennend darauf an, dass es dem Songwriter verlässlich gelingt, noch im Sperrfeuer rüder Gitarrenattacken eine tragfähige Melodie zu installieren. Auch Eric Friedl und Jack Yarber haben ein Händchen für die Dialektik so frenetischen wie melodischen Lärmens. Umso mehr wurde das Trio aus Memphis vermisst, als sich Cartwright anderen Projekten zuwandte, darunter Reigning Sound. Nun melden sich die Oblivians überraschend zurück, aus Dan Auerbachs Studio in Nashville, sechzehn Jahre nach ihrer letzten LP, daran aber nahtlos anknüpfend, jedenfalls in Sachen Energieentfaltung. Der Soundcharakter von „Desperation“ bewahrt das Garage-Flair, alles klingt freilich stringenter, weniger volatil und selbst noch unter einem Fuzz-Teppich wohldefiniert. Auf Bass wird wieder verzichtet, doch mangelt es den vierzehn lustvoll randalierenden Tracks keinesfalls an Wucht. Auch der Songcharakter hat sich geändert, sprachlich wie thematisch. Kamen die Botschaften früher direkt aus Herz und Hoden, nicht selten schocktaktisch überspitzt, wird jetzt auch das Hirn aktiviert. Was dem Hardcore-Bubblegum der Oblivians das juvenilprovokative Moment raubt, ihm jedoch nicht den Zahn zieht. Macca? Pah!(In The Red)