„Diamonds and Pearls“-Reissue von Prince: komplexe Wunderwerke

Der letzte Welterfolg von Prince in üppiger Box

Das Jahr 1991 wurde zur Herausforderung für den Künstler, der die Achtzigerjahre für sich versiegelte: Prince war ein Superstar, nicht so erfolgreich wie Michael Jackson, im Gegensatz zu ihm aber als Genie verehrt. Doch waren verunsichernde Verschiebungen im Gange. Mit R.E.M. stieg eine College-Rock-Band zur Weltgröße auf; Metallica wurden zum Mainstream-Act; Guns N‘ Roses experimentierten mit Markt-Möglichkeiten, veröffentlichten parallel zwei Alben; U2 arbeiteten gerüchtehalber an einer Dance-Platte; zwei Seattle-Bands namens Pearl Jam und Nirvana erschufen Grunge, das zur bestimmenden Gitarrenmusik der kommenden Jahre werden würde; und Lenny Kravitz wurde als zweiter Prince gehandelt.

Seine Chance sah Prince im Rap, durch A Tribe Called Quest zunehmend auch von Weißen gekauft. Ein Genre, über das er sich oft lustig machte, aber nach dem Flop mit dem „Purple Rain“-Sequel „Graffiti Bridge“ und dem darauf präsentierten, wenig goutierten Biker-Image verlockend schien. Wenn selbst R.E.M. jemanden wie KRS-One für einen Rap gewannen – warum sollte nicht auch er die Fühler ausstrecken?

„Diamonds and Pearls“ würde sein letzter Welterfolg werden – sein erfolgreichster Nicht-Soundtrack, nur „Purple Rain“ und „Batman“ verkauften sich besser. „Prince and the New Power Generation“ hieß die neue Formation. Das erste Mal seit dem Ende von The Revolution 1986 erhob er eine Begleitband in den Stand einer Co-Erwähnung. Darunter Rapper Tony M., der in „Gett Off “ einen geilen Rap („23 positions in a one-night stand“) vorträgt, während der Meister James Brown sampelt und von einem Masturbationsgerät singt, „a little box with a mirror and a tongue inside“. Dazu eine Metal-Gitarre, die eine Harems-Querflöte doppelt. Ein komplexes Wunderwerk, dessen Bedeutung zuletzt Eddie Murphy in „Prinz aus Zamunda 2“ betonte, in einer afrikanisch-tribalistischen Coverversion – echtes Empowerment.

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Aber erst die zweite Single brachte den Hit, Prince‘ letzte Nummer eins in den USA: „Cream“, ein Ejakulations-Sinnbild, ein luftiger No-Brainer, aber im Gegensatz zu skelettierten Bravourleistungen wie „When Doves Cry“ und „Kiss“ ausdrucksschwach. Dafür drei gute, nicht moralisierende Anti-Golfkriegs-Lieder, und mit „Push“ und „Jughead“ zwei aufgekratzte HipHop-Nummern. Prince verstand sich jetzt als generationenübergreifender Entertainer, zeigte sich in Videos erstmals mit Kindern („Diamonds and Pearls“), machte aber auch, im Badeanzug und angefeuert durch Tony M., an einem Pool Liegestütze.

Der einst crossdressende Erotiker trat auch als Gangsta auf, der sich ein Mikro in Pistolenform schmieden ließ. Zu bedeutenden Kooperationen mit Rap-Größen sollte es jedoch selten kommen. Vielleicht weil Rap stets eine Aufsteigergeschichte erzählt und aus dem Mund eines 33-jährigen Millionärs, der bereits ein ganzes Jahrzehnt beherrschte, wie ein Lippenbekenntnis wirkte.

Immerhin stammen die Liner Notes nun von Chuck D. Das Set bietet das mittlerweile zu erwartende Volumen von einem Konzert sowie 75 Bonus-Tracks, darunter 48 unveröffentlicht. Die Testosteron-Remixe im New Jack Swing sind nicht ganz so überzeugend wie die für Protegees geschriebenen, hier von Prince vorgetragenen Balladen („Get Blue“, „Open Book“), als auch die erste Annäherung an Neureichen-Klassik („Thunder Ballet“). Das Comeback sollte ihm dennoch wenig Glück bringen. Er erhielt einen Neunzigerjahre-typischen Mega-Plattenvertrag im Wert von 80 Millionen Dollar – und dementsprechend viele „Anregungen“ seines Labels. Eineinhalb Jahr später legte er den Namen Prince ab. Und nannte sich „Slave“.