Diary :: Mike Skinner produziert nur noch belanglose Pub-und Disco-Songs
Als Mike Skinner vor mehr als zehn Jahren „Original Pirate Material“ veröffentlichte, sein Debütalbum als The Streets, war das fast so, als hätte man den Kapuzenpulli-Kids aus den grauen Londoner Vororten eine gemeinsame Stimme gegeben. Gefährlich dunkle Bässe rollten über bockende HipHopund UK-Garage-Beats, die Texte konnte man kaum verstehen hinter all den genuschelten Cockney-Codes. Aber so viel war klar: Es ging um prekären Alltag und den harten Weg zu einem angenehmen Leben: „The safest way to double your money is to fold it in your pocket.“
Das Duo The D.O.T. wird nun als Nachfolger der 2011 aufgelösten The Streets gehandelt. Neben Skinner ist Rob Harvey mit von der Partie, einst Sänger der eher mittelmäßigen Band The Music und bereits auf dem letzten Streets-Album „Computers And Blues“ in verschiedenen Songs zu hören. Es war anstrengend, „Diary“ mehrmals durchzuhören. Der amateurhafte Gesang wird überwiegend von Harvey bestritten, der die Zeilen so flach herauspresst, als würde er sich die Nase zuhalten. Skinner hat das Rappen komplett aufgegeben und kümmert sich nun vor allem um die Produktion. Doch wehe, wenn er mal seine Stimme erhebt, wie bei „Under A Ladder“. Unter Millionen von Duschen dürfte sich täglich Ähnliches abspielen.
Die Einflüsse der Kapuzenjungs, die dicken Bässe und die Dance-Beats, sind komplett verschwunden. Wenn es mal nach Disco klingt, bei „Makers Mark“ oder „Left Alone“, denkt man an britische Jungmänner auf Ibiza, es rumpelt und stampft stumpf. Oft ist die Musik aber so wie bei „What Am I Supposed To Do“: Das kann man problemlos im Pub spielen, ohne dass die Stammgäste meutern. Es gibt überhaupt einen hohen Anteil von Melodien aus der Abfalltonne von Oasis, deren hölzern hämmernde Beats manchmal ärgerlich weit in den Vordergrund gemischt sind.
„Diary“ ist bereits das zweite Album von The D.O.T. Der im vergangenen Oktober erschienene Vorgänger „And That“ hat allerdings kaum jemanden interessiert. „Diary“ klingt nun wie der traurige Sinkflug eines einstigen Hoffnungsträgers. Am liebsten möchte man Mike Skinner zurufen: „Let’s push things forward“, so wie früher. Aber ob es helfen würde? (Cooking Vinyl) JÜRGEN ZIEMER
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