Diverse – Funky Nassau – The Compass Point Story 1980-86 :: Der Rhythmus aus dem legendären Studio auf den Bahamas

Ende der Siebziger war er plötzlich da, dieser vibrierende Polyrhythmus, der so komplex und elegant klang, als hätte man ein Luxushotel mitten in den Urwald gestellt. Black Uhuru beherrschten dieses entspannte, afrikanisch inspirierte Wummern, aber auch die Talking Heads, Grace Jones und Ian Dury versuchten ihre Musik damit zu tunen. Sogar Roxy Music und die Rolling Stones verliehen ihren Alben eine tropische Brise, mit dem Reggae-infizierten Sound, dem man seine Herkunft immer anhörte: Compass Point Studio, Nassau, Bahamas.

Allein die Lage, in einem Palmenhain direkt am Meer, machte klar, dass es hier immer auch ums Vergnügen ging. Und wer jemals über die angebliche Stumpfheit und Künstlichkeit von Disco gelästert hatte, wurde von den funkelnden Klängen dieser prall sinnlichen Tanzmusik eines besseren belehrt. Da konnten englische Bands wie Heaven 17 noch so sehr vom neuen Funk reden — auf den Bahamas war man immer schon ein Schritt weiter. Immer mehr vornehmlich britische Bands nutzten die paradiesischen Bedingungen der Insel (Montserrrat war ein weiteres Luxus-Quartier zu jener Zeit) und hatten mit der Flucht vor den englischen Steuergesetzen auch einen guten Grund zur Hand, weshalb sie heimische Gefilde meiden mussten. Vom Reggae allerdings waren nicht alle infiziert worden. Oder er klang bestenfalls wie The Police. Auf einer einzigen CD lässt sich diese musikalische Erfolgsstory, die auch die Erfolgsstory des Studiobesitzers und Island-Gründers Chris Blackwell ist, sicher nicht erzählen. Doch neben extra langen i2inch-Versionen von Grace Jones‘ „My Jamaican Guy“, oder dem „Genius of Love“ des Tom Tom Club finden sich h ier auch weniger bekannte Perlen. Wie heiter verspielt ist die schwerelos tänzelnde Marley-Coverversion „The Sun Is Shining“ von Lizzy Mercier Descloux, einer ebenso kapriziösen wie begabten New-Wave-Musikenn und Chanteuse. Oder „You Rented A Space“ von Christina, der Ehefrau von ZE Records-Chef Michael Zilkha. Der Song beginnt mit den atemberaubend lasziv vorgetragenen Sätzen „They said I fell in love with your cheque book. I said I was upset with your lies“ und kultiviert dann, wie die meisten von Christinas Songs, die Idee einer vom Luxus und der Sinnlosigkeit menschlicher Existenz verdorbenen Femme Fatale. „Don’t Stop The Music“ von Bits & Pieces ist dagegen pure Partymusik, ein seliges Schwofen und Sich-treiben-Lassen.

Das Erfolgsgeheimnis der Compass Point Studios waren natürlich, neben den Tontechnikern, die exzellenten Studiomusiker— die Compass Point Allstars: Vor allem Sly Dunbar, Robbie Shakespeare und Mickey Chung haben auf Hunderten von Alben gespielt und dabei Reggae zu einer Hi-Tech-Musik entwickelt, die immer noch jede Menge Soul besaß. Sly & Robie waren eine Weile omnipräsent und sollten auch alternden Problemkünstlern wie David Bowie und Bob Dylan, in den Achtzigern am Tiefpunkt angelangt, frischen Odem einhauchen. Nicht ganz ohne Erfolg, immerhin.

Eine glorreicher Schauplatz der Popmusik war das also, von dem man sich eine umfangreiche CD-Box wünschen würde. „Funky Nassau -— The Compass Point Story“ kann hier nur der Anfang sein.

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