Diverse :: Street Corner Symphonies – The Complete Story Of Doo Wop Vols. 1-5
Gründlich recherchiertes 15-CD-Set über die Anfänge des Genres
Zu den Wonnen des Doo Wop-Genres bekannte sich Frank Zappa noch absolut ungeniert, als er 1968 mit den Mothers Of Invention „Cruising With Ruben & The Jets“ einspielte. Nur noch nostalgische Erinnerung war das, was 1983 Billy Joel (bei „The Longest Time“) und Paul Simon („René and Georgette Magritte With Their Dog After The War“) mit dieser Gattung verband. Nachdem Rhino deren Geschichte mit drei Boxsets dokumentierte, durfte man davon ausgehen, dass damit endlich die definitive Retrospektive vorlag. Das sah allerdings Bear-Family-Boss Richard Weize irgendwann dann doch wohl anders. Systematischer, strenger in der Auswahl, natürlich mindestens so gründlich recherchiert wie die Rhino-Sets, kommen die „Street Corner Symphonies“ auf 15 CDs mit dem Anspruch, „The Complete Story Of Doo Wop“ zu erzählen. Wobei er die Anfänge des Genres nicht in die 20er-, sondern die späten 30er-Jahre datiert und einfach mal von der These ausgeht, dass die Ink Spots damals mit „If I Didn’t Care“ die Blaupause für zahllose vocal harmony groups lieferten, die sich wie die Orioles oder die von Johnny Otis entdeckten Robins mal mehr Pop- und dann wieder mehr Rhythm & Blues-orientiert ein jugendliches Publikum der eigenen Hautfarbe erschließen wollten.
Bis auf wenige Ausnahmen orientierten sich die meisten Vokalgruppen auch 1950 offenbar noch stark am Vorbild erfolgreicher weißer Crooner, wenn sie über gebrochene Herzen sangen. Der ungehemmte Gospelüberschwang, mit dem Clyde McPhatter – Leadsänger der Dominoes – damals „Do Something For Me“ bettelte, fiel schon deutlich aus dem Rahmen. Die Grenzen zu Blues, Boogie und anderen Genres waren durchaus fließend, und nachdem die Dominoes 1951 mit dem schlüpfrigen „Sixty-Minute Men“ Nummer eins der R&B-Hitparade geworden waren, konnte ein Ensemble wie die Sultans auch riskieren, eine Single mit dem Titel „Lemon Squeezing Daddy“ aufzunehmen – 20 Jahre vor dem „Lemon Song“ von Led Zeppelin. Solches Liedgut passte überhaupt nicht ins Repertoire der großen Plattenfirmen. Weshalb sich Indie-Labels zunehmend darauf spezialisierten und damit – wie Bill Dahl in seinen Linernotes darlegt – kommerziell immer erfolgreicher wurden.
Die Ravens („Rock Me All Night Long“), Four Jacks („The Last Of The Good Rocking Men“) und Du-Droppers („Can’t Do Sixty No More“) testeten wie andere Kollegen auch, wie weit man bei solchen Botschaften gehen konnte. Clyde McPhatter und die Drifters landeten mit Songs wie „Money Honey“ Hits, und als sich die Robins erst einmal in The Coasters umbenannt hatten und von Jerry Leiber und Mike Stoller mit Ohrwürmern versorgt wurden, hatte Atlantic Records mit ihnen eine der größten Doo-Wop-Gruppen überhaupt unter Vertrag. Aber das dokumentieren erst die nächsten CDs der Serie. (Bear Family) Franz Schöler