Do-Wah-Diddy

„Words And Music By Ellie Greenwich And Jeff Barry“

Eine kleine Weile residierte auch Paul Simon Anfang der 60er Jahre im Brill Building, wo er -unter Pseudonymen wie Paul Kane, True Taylor und Jerry Landis- sich an maßgeschneiderter Pop-Konfektion versuchte und unter letzterem Namen mit „The Lone Teen Ranger“ im Januar 1963 sogar einen Hit landen konnte.

Nur einen ganz kleinen (Platz 97), überhaupt nicht vergleichbar mit den Songs, mit denen berühmte Brill-Building-Teams wie Pomus/Shuman, Goffin/King oder Mann/Weil für Top-Ten-Singles in Serie gut waren. Mit einem Pseudonym hatte es zunächst auch ein anderes Team versucht: Als Ellie Gee and The Jets veröffentlichten Ellie Greenwich und Jeff Barry „Red Corvette“ (Chuck Berry hatte bekanntlich Jahre vorher schnelle Autos als Thema für das populäre Lied wiederentdeckt), aber das war ein totaler Flop.

Was die Erfolgs-Komponisten und -Produzenten Jerry Leiber und Mike Stoller nicht davon abhielt, Ellie und später auch Jeff einen Vertrag als Pop-Lohnschreiber anzutragen. Einen Job, den die dann nach ihrem College-Abschluss auch brillant ausfüllte. Erst zusammen mit Phil Spector, bald danach im Trio mit Jeff Barry, das sich den Girl-Group-Sound dieser Jahre glatt hätte patentieren lassen können. Denn die weltberühmten Hits der Ronettes oder Crystals, die Tom Wolfe dazu animierten, über Phil Spector die Reportage „The First Tycoon Of Teen“ zu schreiben, waren natürlich nicht nur auf dem Mist des Produzenten gewachsen.

Weil Leiber/Stoller ihre Profi-Karriere so machtvoll angeschoben hatten, konnten sie nicht Nein sagen, als die ihnen anboten, Songs für ihr neues Red Bird-Label zu schreiben und zu produzieren. Wobei man ihnen nicht dreinreden würde. Was auch klug war. Ihre für die Dixie Cups und Shangri-Las geschriebenen Ohrwürmer verkauften sich umgehend millionenfach, „Chapel Of Love“ und „Leader Of The Pack“ wurden Pop-Evergreens. Nicht alles, was ihnen damals so einfiel, hatte „Be My Baby“- oder „Da Doo Ron Ron“-Klasse.

„I Can Hear Music“ ja, „Do -Wah-Diddy“ schon weniger, „Hanky Panky“ nur bedingt. Das war eher ein Jux wie im Jahr zuvor „Wooly Bully“. Danach taten sie sich noch einmal mit Phil Spector zusammen, um einen Klassiker für die Ewigkeit zu schreiben. Mit der Pop-Symphonie „River Deep- Mountain High“ wollte Spector sein Schaffen krönen. Ehrgeiziger war er nie zuvor an ein Projekt herangegangen. Nichts war für ihn niederschmetternder als die Tatsache, dass es die Single im eigenen Land nur auf Platz 88 der Hitparade brachte, allenfalls Trostpflaster, dass sie in England sofort auf Platz 3 der Hitparade kam und sich dort 13 Wochen hielt.

Eine andere Art von Trost widerfuhr in demselben Jahr 1966 Ellie Greenwich und dem privat mittlerweile von ihr geschiedenen Jeff Barry: Sie entdeckten einen für ihre Begriffe höchst talentierten und hoffnungsvollen jungen Songschreiber namens Neil Diamond. Den verbandelten sie mit Brill- Building-Mogul Don Kirshner. Der ließ seine neueste Retorten-Band The Monkees dessen „I’m A Believer“ aufnehmen.

Die Neil-Diamond-Version von „Hanky Panky“ produzierten Greenwich/Barry später auch. Wie in den Liner Notes hier nachzulesen, hatten die beiden das in einem Auto geschrieben, anstatt sich mit dem ansonsten auf einem Rücksitz üblichen hanky panky zu vergnügen. Zu hören ist der Song hier nicht in der Ur-Fassung der Raindrops und auch nicht in der Hit-Version von Tommy James und den Shondells, sondern in der Girl- Group-Deutung der Summits von 1963.

Womit man bei Ace konsequent an die Veröffentlichungspolitik dieser Serie mit berühmten Songschreiber(-Teams) anknüpft: Statt die eh jedem Kenner geläufigen Pop-Klassiker zu versammeln, bevorzugt man bei der Auswahl einen Mix aus Hits und Raritäten. Diesmal also „I Can Hear Music“ in der Cover-Version der Beach Boys, „I Have A Boyfriend“ von den Chiffons, Drifters und Shangri-Las mit den unübertroffenen Aufnahmen von „I’ll Take You Where The Music’s Playing“ bzw. „Out In The Streets“, „Do-Wah-Diddy“ wiederum von den Exciters und nicht dem späteren Hit von Manfred Mann und „River Deep- Mountain High“ in der Deutung, die Harry Nilsson für „Pandaemonium Shadow Show“ aufnahm.

Aus der wie immer bei dieser Serie profunden Dokumentation erfährt man, dass es die schon drei Jahre zuvor aufgenommene „Hanky Panky“-Single von Tommy James & The Shondells war, die 1966 „Paperback Writer“ von Platz 2 der US-Hitparade verdrängte. Womit niemand mehr rechnen konnte: Schon zweimal vorher auf anderen kleinen Indie-Labels veröffentlicht, war das dort ein totaler Flop geblieben. (Ace/Soulfood)

Franz Schöler