Neil Young „After The Gold Rush“

4,5 Sterne

Dass er auf gehobene Klangqualität größten Wert lege, hat Neil Young bekanntlich des öfteren betont. Als einzig wahre und klanglich die Maßstäbe setzende Version von Folge 1 seiner „Archives“ empfiehlt er den Fans die BluRay-Version. Für eine wirklich historisch-kritisch umfassende Bestandsaufnahme seiner frühen Jahre weist aber das Set in jeder Fassung verblüffende Lücken und Merkwürdigkeiten auf. Weshalb man als stolzer Besitzer, der immerhin einen stattlichen Betrag dafür hinblätterte, wohl auf die Information vertrauen muss, dass man künftig noch einiges an Bild-, Text- und Tonmaterial aus dem Netz nachladen darf.

Nur auf „Archives“ findet man den vormals unveröffentlichten Stereo-Mix seiner Cover-Version von Don Gibsons „Oh, Lonesome Me“. Die jetzt vorliegende Remaster-Edition von „After The Gold Rush“ kommt mit dem bekannten Mono-Mix. Was nach den auf „Archives“ nachgereichten Informationen dann doch ziemlich irritiert: Von dieser LP gab es angeblich eine erste und eine zweite Pressung, auf denselben wiederum manche Songs in unterschiedlichen Takes bzw. Abmischungen.

Nur findet man auf der brandneuen Remaster-Ausgabe weder einen Vermerk dazu noch irgendwelche weiterführenden Hinweise. Auf „After The Gold Rush“ findet man auch keinerlei Alternativ-Mixes der diversen Vinylpressungen, sondern wie bei den anderen neu aufgelegten Werken ausschließlich die geläufigen. Immerhin enthalten „Neil Young“ («««½), „After The Gold Rush“ und „Harvest“ (««««) mit der miniaturisierten Cover-Kunst wieder die handschriftlichen Songtexte. Nur keine Liner Notes. Keine Zugaben. Auch keine Links, mit denen man aus dem Netz Informationen, Outtakes oder zusätzliches Material zu den jeweiligen Platten runterladen könnte.
Dabei hätte sich das gerade hier angeboten. Zumal bei den ersten Solo-Platten lag ihm zur Auswahl einiges mehr an Songs vor, und die Auswahl erfolgte spontan und auch mal so willkürlich, dass sich jeder Fan, der diese Platten sicher zum wiederholten Mal kauft, wohl doch über manche rare, bis jetzt im Archiv gehütete Aufnahme auf den neuen CD-Editionen gefreut hätte.

Was das Remastering angeht, gab man sich kaum Blößen. „Here We Are In The Years“ kommt zwar immer noch in der gegenüber der Version auf der Debüt-LP um knapp 20 Sekunden verstümmelten Version, dafür „What Did You Do To My Life“ in der um gut eine halbe Minute noch längeren! (Diesmal wurden dazu korrekterweise nicht die Angaben der LPs übernommen.) Die vorher – zumal bei „Harvest“ – teilweise um bis zu mehrere Sekunden zu früh ausgeblendeten Tracks sind ungekürzt in der ursprünglichen Spieldauer überspielt. Die um sechs bis zehn dB höheren Pegel gehen voll in Ordnung: Die früheren CD-Versionen waren – auch im Fall von „Everybody Knows This Is Nowhere“ (««««) – teilweise geradezu absurd „leise“ überspielt. Offenbarungen sollte man – trotz nirgends komprimiertem Klang – nicht erwarten.

Franz Schöler