Drucksachen

„A CHANGE IS GONNA COME“ (Payback, ca. 45 Mark) von Craig Werner ist Pflichtlektüre für jeden, dem schwarze Musik am Herzen liegt, in die Beine geht, in den Kopf steigt und bisweilen Rätsel aufgibt. Werner ist Dozent für Afro-Amerikanische Studien, doch ist seine Analyse erfrischend frei von schnödem Akademismus, seine Sprache ohne Dünkel. Benannt nach Sam Cookes berühmtem, von der Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre aufgegriffenen Song (der ursprünglich „nur“ als B-Seite von „Shake“ unter die Leute kam), unternimmt das Buch eine Tour de Force durch die Musikhistorie, die den Leser atemlos zurücklässt. „Music, Race And The Soul Of America“, so der Untertitel, verdichtet sich hier zu einem engmaschigen Geflecht aus ästhetischen Codes, sozialem Wandel und politischen Hintergründen. Minstrel Shows, Motown, Southern Soul, Reggae und Rap: unverwechselbar und doch nahezu unentwirrbar verwoben. Arethas Gospel-Strategien, Brit-Blues, Otis meets Jimi in Woodstock, Disco sucks, Springsteen und Reagan, Elvis in den Eighties, HipHop zwischen Hass und Hermeneutik. 1965 schaffte „Billboard“ die R & B-Charts ab, weil sie weitgehend identisch waren mit den Pop-Charts. Heute hören weniger schwarze Kids in Amerika Musik von Weißen (und umgekehrt) als jemals seit den frühen Fifties. Sein Buch, schreibt Werner im Vorwort, „is my attempt to help renew a process of racial healing that at times seems to have stopped dead“. Annäherung durch Aufklärung, ungeheuer spannend. Mit ausführlicher Playlist im Anhang. 5,0

„DIES LAND IST MEIN LAND“ (Edition Nautilus, 50 Mark) ist die Autobiografie Woody Guthries, 1943 erstmals in den Staaten publiziert. „Bound For Glory“ hieß das Buch damals, halb Fahrtenschreiber, halb Fiktion. Nicht erfunden, aber dramatisiert. Vornehmlich in seitenlangen Dialogen und romanhaften Exkursionen. Bob Dylan hielt Guthries Bio für „das erste On-the-road-Buch“. Billy Bragg, von dem eine CD mit fünf Demos seiner „Mermaid Avenue“ Sessions mit Wilco beigelegt sind (minus Wilco), lobt im Vorwort „eine Authentizität, der man in der populären Literatur nur selten begegnet“. Wohl wahr. Wer freilich das Leben und Wirken Woody Guthries in seiner Gesamtheit verstehen möchte, wird am Ende dieser episodenlastigen Erinnerungen mehr Fragen als Antworten angesammelt haben. Joe Kleins klassische Biografie „Woody Guthrie. A Life“, 1999 neu aufgelegt und inzwischen als preisgünstiges Paperback zu haben, sorgt da trefflich für Abhilfe. Danach dann Woodys Prosa (nebst Illustrationen wie zu Mark Twains Abenteuergeschichten), das macht Sinn. Wie damals Woodys Songs als Waffen im Kampf gegen Unterdrückung. This bookkillsfasdsts.4,0

„WE ALL SHINE ON“ (Carlton, ca. 45 Mark) von Paul Du Noyer unternimmt es, „The Stories Behind Every John Lennon Song 1970 -1980″ nachzuzeichnen, wie der Untertitel verheißt. Kein leichtes Unterfangen angesichts akklamatorischer Wertschätzung des Hl.John. Insbesondere für den Fan, als der sich der Autor outet. Dass er kritikabie Fehlleistungen des Großkünstlers als solche benennt, ist verdienstvoll. Etwa die Zeile „Let’s walk over the rainbows like leprechauns“ aus „Luck Of The Irish“, neben der, so Du Noyer, der Text zu „Zombie“ von den Cranberries Nobelpreis-verdächtig sei. 3,0 „THE BOB DYLAN COMPANION“ (Schirmer/Bosworth Verlag, 37Mark) von Carl Benson versammelt Interviews mit dem Dichter aus Duluth, Minnesota, und eine Latte oft kluger, stets diskussionswürdiger Aufsätze über dessen Schaffen. „Four Decades Of Commentary“, die erhellendsten und verblüffendsten davon sicher die ganz frühen. „I don’t like singing to anybody but Americans“, erklärt der Poet 1962 anlässlich eines England-Besuches, sich von hartnäckigen Journalisten missverstanden fühlend. Don’t think twice, it’s alright.3,5

„THE BEASTIE BOYS COMPANION“ (Schirmer/ Bosworth Verlag, 37 Mark), herausgegeben von John Rocco, ist eine Materialsammlung über die populären Crossover- Kasper und jene kulturelle Schnittstelle, an der weißer HipHop entstand. Zufällig oder unvermeidlich, von unten oder manipuliert, überzeugend oder überkandidelt? Meinungen, wohlfeil. Dazu Infos über Sessions, Rezensionen und Fundstücke aus dem Internet: Fans, chatting! Echt super. 2,5

„ROCK-BIOGRAPHIEN“ (Reupkes Rock-Verlag, 12 Mark): Es wächst und gedeiht, das monatlich erscheinende „Never-Ending-Lexikon“ im Ringbuch- Format: Kurz-Bios, sachlich-neutral geschrieben, mit Wertungen aus der deutschen Musikpresse angereichert, von Eloy bis Enigma, von Steve Earle bis John Hiatt. In der aktuellsten vorliegenden Nummer wird über Donovan und Sade informiert. Und über Monster Magnet. Eine Fleißarbeit, durchaus mit Gebrauchswert. 2,0 „SCHWARZE SEITEN 2001“ (Kulturbuch Bremen, 20 Mark): Der jährliche Führer durchs Dickicht der Plattenläden, Sammlerbörsen, Mailorderfirmen und Fanclubs. Mit Beiträgen über Label-Sleeves, CD-Reparaturen und die Neue Deutsche Welle als Kult der Spaßgesellschaft. Alle Texte in deutsch, englisch und – wer weiß warum – französisch. Nützlich: Anzeigen und Adressen galore. 3,0 VON WOLFGANG DOEBELING

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