Dwight Yoakam – Guitars, Cadillacs, Etc. Etc. – Expanded Edition

Was der Lateiner von Büchern behauptet (habent sua fata libelli), gilt nicht minder auch für Schallplatten: Sie alle haben ihre (Vor-)Geschichte(n) und Schicksale. Das von Dwight Yoakams Debüt erzählt diese Luxus-Ausgabe. Als Fan waschechter Hillbilly-Musik fand der junge Mann, Jahrgang 1956, diese ganzen Country- Pop-Konvertiten im Nashville der späteren 70er Jahre entschieden „too slick“. Mit der Musik von Idolen wie Lefty Frizzell, Bück Owens, Hank Williams oder Merle Haggard hatte das für ihn nichts mehr zu tun. Ab und zu im Vorprogramm von Bands wie Los Lobos, Lone Justice oder Blasters aufzutreten, ernährte den Mann erst mal auch nicht, sorgte aber für beachtliches Renommee unter Kollegen. Über Tag beförderte er als LKW-Fahrer reichlich Luftfracht, abends tingelte er durch Clubs und fand so im Gitarristen Jerry McGee (eine Legende auch in der Country-Szene von L. A.) einen Mentor, der ihn weiterempfahl. An den Besitzer des Tonstudio United Western Recordings, der ihm erlaubte, während der von Kunden gebuchten, aber nicht genützten Zeit Aufnahmen zu machen. Profis waren alle seine Begleiter bei den Sessions, allererste Garnitur etliche wie natürlich McGee, aber auch Glenn D Hardin und Jay Dee Maness (im Kleingedruckten vieler Emmylou Harris-Aufnahmen zu finden) und David Mansfield, an Fiedel und Mandoline mit Dylans Rolling Thunder Revue-Truppe gereist.

Die zehn binnen sechs Monaten aufgenommenen Demos 1981, auf CD 1 hier zum ersten Male zu hören und vorher in der „Handmade Series“ von Rhino publiziert, sind gar keine, sondern von einer handwerklich kaum zu übertreffenden Professionalität. Leicht gehässig könnte man sogar behaupten: In der Interpretation – ausnahmslos Eigenkompositionen -waren sie locker so mitreißend wie das, was er beim Debüt unter der Anleitung von Pete Anderson unter Country-Sangeskunst verstand und praktizierte. Von „besser“ kann bei dem später mit Maria McKee im Duett gesungenen „Bury Me“ keine Rede sein, die Urfassung war mindestens so gut. Ganz groß hier auch der Country-Heuler „Please Daddy“ (im sanglichen Vortrag ein Kniefall vor Merle Haggard) und die Erstfassung von „I Sang Dixie“. Produzent Anderson wusste schon, warum er bei den Sessions zum regulären Debüt auf viele der Cracks zurückgriff. Wenn er nicht als ein die reine Honky-Tonk-Lehre predigender Sturkopp und quasi programmatisch auch Klassiker wie „Ring Of Fire“, „Honky Tonk Man“ und“Heartaches By The Number“ aufgenommen hätte, wäre dieselbe Kollektion von zehn Originalen als ein famoser Erstling akzeptiert worden. Gelegentlich fiel ihm – im Fall von „Miner’s Praver“ – dann doch noch ein feineres, akustisch betörenderes Arrangement ein. Und „South Of Cincinnati“ durfte als eine der besten seither geschriebenen Kompositionen nicht fehlen. Programm war der Titelsong, von den Wonnen der Hillybilly Music handelnd.

Nach der für ein Indie-Label aufgenommenen EP dauerte es immer noch einige Zeit, bis der Fingerzeig von Kollegin Emmylou Harris Wirkung zeigte und ihre Plattenfirma dem talentierten Kollegen das erste Langspielwerk finanzierte. Man versteckte das dann ein bisschen auf dem einst so rühmenswerten Reprise-Label, für das Prominenz wie Sinatra, Neil Young und Emmylou selber schon seit vielen Jahren nicht mehr aufnahmen. Den Erfolg konnte auch das nicht verhindern. Der Honky-Tonk-Prophet galt ab sofort etwas im eigenen Land und anderswo. Er konnte sogar sein Idol Bück Owens dazu bewegen, sich noch nicht ganz aufs Altenteil zurückzuziehen, und in späteren Jahren machte er gar noch ein paar um einiges bessere LPs.

Es ehrt die Firma, dass sie dieses Werk nach 20 Jahren einer klangtechnischen Generalrenovierung für wert befand. Die bislang erhältliche CD klingt nämlich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, im Vergleich zu dem von Stephen Marcussen überspielten Remaster ausgesprochen furchtbar. Ein klanglicher Quantensprung wie auch im Fall einer anderen Pete Anderson-Produktion, nämlich der Neuauflage von Michelle Shockeds „Short, Sharp, Shocked“ vor einiger Zeit. Der Live-Mitschnitt aus dem Roxy vom März 1986 ist die Zugabe für alte neue Fans. Die der ersten Stunde waren schon kenntnisreich und intim mit dem Debüt vertraut. Sie forderten „South Of Cincinnati“ und bekamen es auch. Wehmütige und traurige Songs sind nun mal oft die besten.

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