Edwyn Collins

Das Comeback des großen britischen Songschreibers wird zu sehr von illustren Kollegen fremdbestimmt.

Losing Sleep

Auch von zwei Schlaganfällen lässt sich der beste britische Songwriter der letzten 30 Jahre nicht aus der Bahn werfen. „Losing Sleep“, das Titelstück seines ersten während der Rekonvaleszenz entstandenen Albums, hat alles, was einen tollen Popsong ausmacht, Soul und Groove, Schmiss und Schmelz, Geist und Selbstironie, große Tragik und kleine Komik. Musikalisch fühlt man sich gar ein bisschen an die frühen Orange Juice erinnert, an „Blue Boy“ vielleicht.

Das Drehbuch für ein gelungenes Comeback scheint also zu stimmen. Und sogar die Nebenrollen sind namhaft besetzt: Mitglieder von Franz Ferdinand, The Magic Numbers, The Drums, Sex Pistols, Aztec Camera und den Cribs sind darunter.

An diesem doch recht hochkarätigen Cast kann man die Wertschätzung ablesen, die Collins in seiner Heimat genießt. Am Ergebnis dieser Zusammenarbeit erkennt man aber auch, dass es um den britischen Gitarrenpop nicht so richtig gut bestellt ist. Hier regiert der Durchschnitt. Vom Cribs-Sänger Ryan Jarman hatte man als Duettpartner und Co-Songwriter vielleicht auch nicht mehr erwartet als einige soundkomprimierte Rockismen, doch Alex Kapranos und Nick McCarthy etwa sind so sehr in ihrem Franzferdinandsein gefangen, dass ihnen in „Do It Again“ nur eine allzu berechenbare Kopie ihrer Selbst gelingt, und The Drums ersaufen so sehr in selbstgefälligem Pathos wie früher höchstens die Simple Minds. Johnny Marrs Co-Komposition „Come Tomorrow, Come Today“ fällt immerhin nicht unangenehm auf.

Edwyn Collins fühlt sich in diesen fremdbestimmten Songs hörbar unwohl, klingt manchmal fast so wie Brian Wilson, wenn er mit seiner Muckerband auf der Bühne Beach-Boys-Oldies spielen muss. „Sometimes I’m up/ Sometimes I’m down/ Sometimes I wonder what is my role“, singt Collins.

Mit der gewitzten Originalität seiner früheren Alben wie „Gorgeous George“ oder „Dr. Syntax“ hat das nicht mehr viel zu tun. Aber glücklicherweise gibt es auf „Losing Sleep“ auch eine Handvoll Stücke, die Collins ohne fremde Hilfe schrieb. Einige atmen noch das alte Genie und lassen ihn auch stimmlich sicherer erscheinen. Der mitreißende Soul „Humble“ etwa oder das pulsierende „Over The Hill“. Und es gibt auch einige Gäste, die glänzen. Romeo Stodart von den Magic Numbers gibt beim putzigen 60s-Pop „It Dawns On Me“ einen guten Collins-Sidekick, beim anrührenden „All My Days“ spielt Roddy Frame die Gitarre. Am Ende steht der kindliche Folk „Searching For The Truth“. „I’m searching for the truth/ I’m praying fort he truth/ Some sweet day/ We’ll get there in the end.“ Falling and laughing. (Coop) Maik Brüggemeyer

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