Element Of Crime :: Fremde Federn

Eine in jeder Hinsicht gemischte Sammlung mit Cover-Versionen

Lieber möchte man natürlich eigene Stücke von Element Of Crime hören, aber zum Trost und um die Wartezeit bis zur nächsten Platte zu überbrücken, nehmen wir gern auch dies: 20 Coverversionen aus den Jahren 1989 bis 2009, die nicht auf den bisherigen Studioalben zu finden sind.

Man muss nur wieder einmal Jakob Iljas Gitarre hören, Sven Regeners Trompete und seine trockene Art, die schönsten Verse ohne Pathos und doch voller Sehnsucht zu singen, dann weiß man sofort: Hier wird alles gut. Traditionelles wie „My Bonnie Is Over The Ocean“ und „It’s All Over Now, Baby Blue“ sowieso, aber eben auch Freddie Quinns „Heimweh“ und Gottfried und Lonzos Altenheim-Hymne „Hamburg 75“.

Mit schwerer Zunge interpretiert Regener die Pet Shop Boys („You Only Tell Me You Love Me When You’re Drunk“) und die Bee Gees („I Started A Joke“) neu, Lindenbergs „Leider nur ein Vakuum“ wird zur elegischen Tragödie. Degenhardts „Auf der Espressomaschine“ packt einen ebenso wie „She Brings The Rain“ von Can, das Element Of Crime 2009 für die Heft-CD zum 15-jährigen ROLLING STONE-Jubiläum aufnahmen, und Serge Gainsbourgs „Akkordeon“ – das natürlich eher der Version von Alexandra gleicht, tatsächlich aber einfach im klassischen Elements-Gewand daherkommt.

„Wir haben einen sehr ausgeprägten Stil, der setzt sich immer durch. Wir könnten alles Mögliche machen, sogar Speed Metal, und es würde doch wieder wie Element Of Crime klingen“, hat Regener einmal gesagt. Den Speed-Metal-Beweis bleiben sie hier schuldig, aber recht hat er natürlich. Dass aus all diesen wunderbaren, unfassbar unterschiedlichen Songs trotz des typischen Element-Of-Crime-Sounds kein wirklich kohärentes Album werden kann, ist allerdings auch klar. Deshalb stört es nicht, dass sogar zwei Weihnachtslieder Platz finden: Whams „Last Christmas“ und „Leise rieselt der Schnee“. Das hat man auch lange nicht mehr so schön schwungvoll gehört. Da kann Roger Whittaker einpacken. (Universal) Birgit Fuss

Miles Davis ****¿

Bitches Brew

Die,, 40th Anniversary Edition“ auf zwei CDs und einer DVD

„He wanted off the ‚fucking label'“, erzählt Clive Davis über das mit den Jahren problematischer gewordene Verhältnis zwischen Miles Davis und Columbia. Als der damals allgewaltige Firmenchef ihm nahelegte, er solle sich ein neues Publikum erschließen, erklärte der berühmte Mann mit der Trompete, er werde nicht „for those fucking long-haired white kids“ spielen. Als ihm das seine neue blutjunge Freundin damals allerdings auch als einer Überlegung wert empfahl, versuchte er sich nach „Nefertiti“ dann doch irgendwie neu zu erfinden. Seinen extrem aufwendigen Lebensstil konnte er auf Dauer nicht mit 40.000 verkauften LPs finanzieren. Obwohl ein denkwürdiges künstlerisches Statement, dümpelte „In A Silent Way“ 1969 nur wenige Wochen in den unteren Regionen der „Billboard“-Hitparade. Im selben Jahr an gerade mal drei Tagen eingespielt, kam er mit „Bitches Brew“ endlich wieder in die Top 40. Das populäre Missverständnis, hier handle es sich um ein Jazzrock-Album, sorgte die nächsten Jahre für richtig gut honorierte Konzertauftritte – vor neuem, von ihm zunächst so geschmähten Publikum.

Nach den schon vor vielen Jahren vorgelegten „Complete Bitches Brew Sessions“ und der neulich nachgereichten Deluxe-Fassung kommt jetzt die „40th Anniversary Edition“ als genauso wunderbares und edel ausgestattetes Sammlerteil wie letztes Jahr die „Collector’s Edition“ von „Kind Of Blue“. Eine großformatige Broschüre erläutert, was man hier auf Doppel-LP, DVD und drei CDs alles hört und sieht. Bei so opulenter Aufmachung sollte man annehmen, dass man es auch hier mit einem schlackenlosen Meisterwerk zu tun hat. Dass dem nicht so ist und dass man es sogar eher mit einem gewaltigen Steinbruch an Ideen und Experimenten zu tun hat, machen die rund um das ursprüngliche Album dokumentierten Aufnahmen nur noch deutlicher.

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