Factotum :: Start 8.12.

„Man braucht keine Liebe. Was man braucht ist Erfolg in der einen oder anderen Art. Das kann Liebe sein, muß aber nicht“, erklärt Henry Chinasky, das Alter ego von Charles Bukowski aus seinem zweiten, 1975 veröffentlichten Roman „Factotum“. Und man braucht wohl die Lakonik eines Skandinaviers, um den Irrwitz dieses Deliriums so voller Liebe verfilmen zu können wie der norwegische Regisseur Bent Hamer („Kitchen Stories“).

Matt Dillon verkörpert Chinasky mit müder Gestik, glasigem Blick und einem schlurfenden Gang, wobei er fast wie ein Stummfilm-Komiker einen Fuß nach außen zieht. Zugleich verleiht er ihm den Trotz, das Staunen und die Verantwortungslosigkeit eines Kindes. Daß Dillon zu attraktiv für die Rolle des fatalistischen Trinkers sei, der nur als Schriftsteller und bei Pferdewetten die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, heißt mal wieder sein Talent und seinen Anspruch zu unterschätzen. Stets hat Dillon gegen sein Image als Schönling angespielt und ist er dem Low-Budget-Film treu geblieben. Noch wartet er auf den großen Wurf. Das empfiehlt ihn schon für diesen Part.

Chinasky schickt unverdrossen seine mit einem Bleistift geschriebenen Kurzgeschichten an Literaturzeitschriften wie „Black Sparrow“ oder „New Yorker“. Dazwischen versemmelt er reihenweise lausige Jobs. Er versackt gleich in der erstbesten Bar, während im Kühlwagen das Eis schmilzt, schläft als Putzkraft in der Halle eines Zeitungsverlages ein (wo er sich als Reporter beworben hatte) und sortiert auch nicht lange am Fließband einer Gurkenfabrik. Eine kleine Glückssträhne auf der Rennbahn investiert er natürlich gleich in Whiskey und einen maßgeschneiderten Anzug, der bald versiffter aussieht als seine vorherigen Klamotten. Als er wegen Faulheit gefeuert wird, antwortet Chinasky mit scharfsinnigem Stoizismus: „Ich habe ihnen meine ganze Zeit gegeben.“

Anschließend erweist sich der Personalchef ebenso als Alkoholiker.

Geradezu nüchtern arrangiert Hamer diese Anekdoten und Episoden, grotesken Situationen und absurden Erlebnisse. Das wirkt wie ein Leerlauf, manche Szene mutet auch wie ein Standbild der Melancholie an. Relativ beständig ist lediglich Chinaskys Verhältnis mit der sexhungrigen Säuferin Jan (Lili Taylor). Obwohl sie sich streiten und trennen, finden sie immer wieder zusammen. Bizarr dagegen wird seine kurze Beziehung zu Laura (Marisa Tomei), die sich mit zwei anderen Mädels von einem exzentrischen, sterbenskranken Millionär aushalten läßt und nach der Erfahrung lebt: „Alle großen Liebhaber sind Müßiggänger.“

Mit „Factotum“ ist Hamer eine Adaption gelungen, die mit beißendem Humor ganz alltäglich von der Tragödie des Seins erzählt. Ziellos und doch wild entschlossen macht Henry Chinasky so weiter wie bisher, und es geht ihm kaum schlechter als einem Yuppie. Jeder braucht Erfolg. In irgendeiner Form. Und ein bißchen Liebe.

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