Faith No More
Album Of The Year
Warner 04.10.1999
And the music is fauing into pieces. Faith No More gehörten zum Beginn des Crossover irgendwie dazu. Und etwas mehr. Mit „The Real Thing“ gelang ihnen ein Urknall, zu dem Gymnasiasten und andere Pubertierende plötzlich ihr kurz frisiertes Haupthaar schüttelten. Die Poser vom Sunset Strip verschwanden, da man zum Moshen keine Mähne benötigt. Nun sind die Haare oft ganz ab, und Bands wie The Prodigy setzen die Rockmusik und ihre Brüder am Computer neu zusammen. Genrehüter wie U2 setzen dem Wandel eitle Ironie entgegen, indem sie mit „Pop“ alte Schlagworte besetzen. Es gibt nichts mehr zu sagen.
Mehr sagt auch der Titel „Album OfThe Year“ nicht: Hype ist natürlich doof, denn was heute Trend ist, ist morgen Totentanz. Sänger Mike Patton warf die Goldene Schallplatte für finget Dust“ auf den Müll, wohin die Plattenfirma dann das Nachfolgealbum mit dem prophetisch-parodistischen Titel „KingFor A Day, Pool For A Lifetime“ kippen konnte. Patton, ein bekennender Entertainmentjunkie und smarter Kotzbrokken, intoniert mit seinem Vokalstakkato ja auch wie ein Shredder. Dazu haben Faith No More vom Kronos Quartet über Lionel Ritchies „Easy“ bis zu Black Sabbath so viele Songs und Stile zerhakt, verquirlt, recycelt wie keine andere Band. Einst streuten sie bei Konzerten in ihre Songs scherzhaft Samples der Dancefloorund Disco-Gassenhauer „Pump Up The Jam“ und „The Right StufP ein. Nun klonten sie sich mit „Ashes Tb Ashes“ die single ofthe year – als sängen Bocelli und Brightman zu Metallicas Breitwandbaß und Riffs von Soundgarden. Vieles auf der Platte klingt wie zickige Eulenspiegelei.
GegniedeL Gebolze. Getöse. Metal mit Speed- und Trash-Einlagen. Keyboaid-Dräuen aus den 80er Jahnen. Heiliger Pathos und satanische Verse vom drolligen Freaky Patton. In „Stripsearch“ schultern sie dezent die Trend-Bürde, etwas zu triphoppen. Der Mainstream schwappt unaufhörlich. Doch dann: „Helpless“. Geschrammel, daß wir mal Grunge nannten, wird zur Country-Ballade. Patton gurrt dunkel wie Greg Dully von den Afghan Whigs, der Akkordeonmelodie folgt sein sarkastisches Pfeifen, bis alle Teile zusammenfallen in der Hymnik aus Gitarrenraserei und Baßdruck. Groß. Schließlich „She Loves Me Not“: Piano, Las Vegas, Soulgesang – und Patton macht den Presley. Verdammt, Pop!
Das ist längst auch der Crossover. Ansonsten sind Faith No More miese Metal-Mucker. Tja, ashes to ashes. Amen.