Franz Nicolay :: Do The Struggle
Traurige, wilde Folksongs vom unkonventionellen Multitalent
Dieser Mann gibt keine Ruhe. Erst 2011 hat Franz Nicolay mit „Luck And Courage“ ein feines Album veröffentlicht, auf dem er eine irre Liebesgeschichte erzählte, die höchstwahrscheinlich tragisch ausging. Jetzt legt der Ex-Keyboarder von The Hold Steady schon nach, und der Titel verheißt nichts Gutes. „Do The Struggle“? Zunächst schlug er sich selbst mit der Frage herum, wo es hingehen soll beim dritten Solowerk. Er tat sich dann mit dem Produzenten Oktopus zusammen, einem Teil des Avantgarde-HipHop-Duos Dälek. Aber keine Sorge, auch der kriegt Nicolay nicht klein, diesen schnurrbarttragenden Vaudeville-Künstler, den finsteren Folk-Fantasten, den detailverliebten Multiinstrumentalisten. Oktopus sorgte wohl vor allem für die kurzen, eher sinnlosen Instrumentalpassagen zwischen den Liedern. Aber was für Lieder!
Verletzungen und Verzweiflung gibt es wieder zuhauf, aber auch diesmal verpackt Nicolay Zorn und Zetern in irritierend mitreißende Songs. Das geht schon bei „The Hearts Of Boston“ los: Da wird geklatscht und laut mitgesungen, und man könnte schwören, dass Nicolay das Leben feiert, aber er singt dies hier: „You required the danger/ So I acquired a gun/ What transpired was anger/ Then all we were was done.“ Die Frau heiratet einen Fremden, er klaubt die Scherben zusammen. In „Live Free“ hat er wenigstens einen guten Rat parat: „When life gives you lemons/ Rub them in the open wounds of your enemies.“
Zwei Freunde von der Balkan-Band Guignol sind dabei, bei „Take No Prisoners“ singt Emilyn Brodsky mit, aber der Star der Show bleibt Nicolay – sein unheilvoller Gesang bei „Did Your Broken Heart Make You Who You Are?“, seine Entschlossenheit bei „Frank Stubbs‘ Tears“, seine Reiselust in „The Migration Of The Cuckoo“. Es wird nie langweilig mit ihm, weil er sich offensichtlich nie langweilt. Ihm fällt immer noch etwas ein – eine kleine Melodieschleife, ein weiteres Instrument, eine originelle Zeile. Und dabei hat man das Gefühl, Nicolay könnte immer noch jederzeit an einer Straßenecke stehen und Akkordeon, Gitarre oder was auch immer spielen – und dabei glücklich sein. Ich würde mehr als einen Euro in den Hut werfen. (Xtra Mile) Birgit Fuss
Beste Songs: „The Hearts Of Boston“, „Did Your Broken Heart …“