Freedy Johnston – Never Home :: Elektra/eastwest

Es ist zu schön, um nicht wahr zu sein: Freedy Johnston hat Kindheit und Jugend in einem Kaff in Kansas verbracht, das genauso weit von New York wie von San Francisco entfernt liegen soll (1563 Meilen). Was den US-Songwriter einmal zu dem schönen Ausspruch animierte, um ihn herum habe es endlosen Horizont gegeben. Aber eben auch gar keinen Horizont. Vermutlich ist es diese Erfahrung, die Johnston noch heute genüßlich den süßen Schmerz des Abschieds zelebrieren läßt. Wie in „Western Sky“, wo er singt: „I love the look you get before you say good-bye, I need those words you say.“

Die prächtige Elegie auf die Verheißung der Straße und des Unterwegsseins ist ein zentraler Song seines vierten Albums „Never Home“. Butch Vig (Garbage), der den Vorgänger „This Perfect World“ (fast) perfekt in ironisch gebleichte Akustik-Watte gepackt hatte, wurde auf dem Produzentensessel von Danny Kortchmar abgelöst. Der routinierte LA.-Session-Hase (unter anderem Jackson Browne) agierte bisher auf der anderen Seite der Studioscheibe – milde formuliert – nicht immer geschmackssicher. Ich sage hier nur: Curtis Stigers. Doch Befürchtungen, Kortchmar würde Johnston in protzigem Mainstream absaufen lassen, erweisen sich als unbegründet.

Es spricht auch für Johns tons Integrität und Selbstbewußtsein, daß der Wechsel nicht so stark ins Gewicht fallt, wie die Namen suggerieren. Andererseits sind Musiker wie Stan Lynch (Tom Petty), Graham Maby (Joe Jackson), Dave Schramm und die begehrte Cellistin Jane Scarpantoni immer eine sichere Bank. Und so ist allenfalls ein Paradox zu vermelden: Denn „Never Home“ gibt sich weniger filigran und detailverliebt als der Vbrgänger, und doch anfangs verschlossener.

Dann aber weicht der Eindruck des Gleichförmigen und man kann kaum genug kriegen von Songs wie „You Get Me Lost“ und „He Wasn’t Murdered“, von der Ode aufs „Seventies Girl“ (das thematisch Graham Parkers „The Girl Isn’t Ready“ variiert), vom hymnischen „One More Thing To Break“, wo Johnston in froher Erwartung singt: „You always teil me I’m just one more thing to break.“ Solch sanften, lakonischen Zynismus bricht er nach wie vor gern in kuscheligen Akustik-Arrangements und vollendet geschwungenen „Heile Welt“-Melodien. Eine Ambivalenz, die wohltuende Distanz schafft, wo zuviel Nähe unerträglich würde.

Freedy Johnston entschied sich damals übrigens für New York. Und der letzte Song auf „Never Home“ heißt „Something’s Out There“. Für ihn ist es nie anders gewesen.

Jörg Feyer

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