Gallon Drunk :: The Road Gets Darker From Here

Ein trotziges, überraschend raues Überlebensstatement der Briten

Natürlich ist man versucht, „The Road Gets Darker From Here“ auch als Requiem für Simon Wring zu hören. Der 2011 verstorbene Bassist konnte die Sessions zum Album schon nicht mehr mitmachen, Gallon Drunk sahen sich reduziert aufs Kerntrio mit Voodoo-Priester James Johnston, Rhythmus-Schamane Ian White und Sax-Stoiker Terry Edwards. Und natürlich landet man mit dieser Prämisse zwischen all dem schön-schaurigen Krach bei „Stuck In My Head“, einem fragilen Duett mit der französischen Sängerin Marion Andrau (Underground Railroad), das James Johnston ohne Umschweife eröffnet: „Now you’re gone, it’s all too late, like a song you’re here stuck in my head …“

Zu diesem Zeitpunkt ahnt man freilich schon, dass Gallon Drunk Trauer und Erschütterung, Wut und wohl auch Schuldgefühle vor allem in ein trotziges Überlebensstatement verwandelt haben. Das standesgemäß beginnt mit einem angezerrten Riff aus dem großen Rock’n’Roll-Handbuch im lässig hingerotzten „You Made Me“ und dem gerade noch kontrollierten Gitarren-Inferno von „Hanging On“. Das später schöne Trotz-Stücke wie „I Just Can’t Help But Stare“ hervorbringen wird. Und das zuvor auf einem rollenden Beat des formidablen Ian White im hypnotischen „Killing Time“ zum Höhepunkt gekommen war. „Forget the truth, I’d rather have a lie, and the walls are falling in, and we just lost everything“, barmt Johnston, bevor er klarstellt: „Tell the world outside, we’re alive, we’re still here, we’re fine.“ Ziemlich großartig auch der folgende Swamp-Boogie „The Big Breakdown“.

Erstmals überhaupt haben sich Gallon Drunk ja wirklich einem Produzenten (dem Hamburger Analog-Spezialisten Johann Scheerer) anvertraut. Und es ist von einiger Ironie, dass „The Road Gets Darker From Here“ unproduzierter klingt als vieles zuvor. Aber vermutlich steckt der Teufel auch hier in den Details, die man eher fühlt als wirklich hört. Wie im halluzinierenden Finale „The Perfect Dancer“, das James Johnston noch einmal mit Marion Andrau zusammenführt, bevor alles vergeht bis auf Whites Floor-Tom-Groove. (Clouds Hill/Rough Trade) Jörg Feyer

Beste Songs: „Killing Time“, „The Perfect Dancer“

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