Gisbert zu Knyphausen :: Hurra! Hurra! So nicht.

Ein süchtigmachendes Album voll magischer Songschreiber-Kunst

Ein paar Platten haben diesen Glanz und die Tragik der Tage, die Poesie und die Wahrhaftigkeit. „Bochum“ von Herbert Grönemeyer, „Weißes Papier“ von Element Of Crime, „K.O.O.K.“ von Tocotronic, „Old Nobody“von Blumfeld. Eine Autofahrt: „Aus unseren schäbigen alten Boxen strömen die alten Lieder aus vielen, vielen Jahren direkt in unsere Herzen/ Ihre Sänger haben die immer gleiche Losung auf den Lippen/ Die Welt ist grässlich – und wunderschön.“ Der Song heißt „Es ist still auf dem Rastplatz Krachgarten“.

Gisbert zu Knyphausen ist der Mann, der diese Lieder hier singt, bei denen man lange überlegen muss, wann man zuletzt solch magische Songschreiber-Kunst gehört hat. Bei Knyphausen selbst, auf seinem Debüt-Album vor zwei Jahren, zum Beispiel. Bei Roddy Frame, Conor Oberst, Stephen Bishop vielleicht. Bei der Schule der reinen Klampfe. Aber dann gibt es auch immer wieder diese kräftigen offenen Akkorde der Band, das Jazzige, das Fiebrige, das Flehende. Dieses Gemisch aus Alltagssprache und delirierender Lyrik, aus Banalem und Erhabenem, das Atmen, das Verschleifen der Vokale, von Tobias Levin wie stets wunderbar organisch produziert.

Das letzte Glück in „Dreh dich nicht um“: „Erinnerst du den Tag/ An dem wir betrunken in deinem Garten lagen/ Und die Kinder deiner Schwester um uns herum/ Sie tanzten den Tanz der Piraten (…) Der Regen kommt und der Regen geht/ Man geht ein Stück zu zweit und den Rest allein/ Und was dann bleibt, ist die Erinnerung an eine Zeit, die so viel schöner war als jetzt.“

Die atemlos gesungenen Wehmutsbilder in „Kräne“: „Wir werden geboren und sterben, danach weht der Wind wie immer/ Und ein Mann geht die Stufen hinunter zum Fluss…“ Auch wenn ich kein Wort verstehen könnte, so würde ich doch dem sehnsüchtigen, süchtigmachenden Klang dieser Songs endlos hinterherlauschen. Und am Schluss kommt der Blues in „Nichts als Gespenster“, wird variiert, zerfranst, zerfasert, verstummt.

Gisbert zu Knyphausen ist ein Meister der Melodie und der Melancholie. Er ist ein uralter Fahrensmann des Liedes und ein ungestümer Apologet des Pop. Er ist ein Freund von Klischees und funkelnden Sternen. Er ist ein verdammtes Genie.

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