Glasvegas :: Euphoric /// Heartbreak

Ein fesselndes Zentralmassiv über die Liebe und das Leid danach

Das zweite Glasvegas-Album beginnt mit dem verführerischsten Franko-Nebelschwaden-Monolog seit „Fade To Grey“ von Visage. Und natürlich ist es bei derart zart hingewisperten Worten völlig unerheblich, was gesagt wird oder ob man überhaupt Französisch versteht. Spätestens wenn das Wort „Casablanca“ erklingt, nimmt einen die Platte gefangen, noch bevor sie richtig begonnen hat.

„Euphoric /// Heartbreak “ ist ein Zentralmassiv, aus dem einzelne Brocken nur schwer herauszulösen sein werden – über die Liebe und das Leid danach. Deshalb eine kurze Frage: Gehören Sie zu den beneidenswerten Menschen, die nach Trennungen einfach ein bisschen mehr arbeiten und danach ist alles wieder gut? Dann brauchen Sie nicht weiterzulesen. Wenn Sie hingegen zu jenen gehören, für die das Leben keine größeren Qualen als die der Liebe bereithält, dann werden Sie Glasvegas als Trost empfinden.

Songtitel wie „Pain Pain, Never Again“ und „Whatever Hurts You Through The Night“ lassen keine Fragen offen. Doch am überzeugendsten leidet James Allan in „Lost Sometimes“: „I still think about you, lost sometimes/ I feel sad when I think about you, lost sometimes.“ So geht das weiter, mündend in die sehnsuchtszerfressene Anklage: „Lost“. Nicht nur hier ist Allan ein einsamer Prediger in der Wüste menschlicher Gemeinheiten.

Glasvegas spinnen dazu den für sie typischen Wall of Sound, nun noch gewaltiger als beim ersten Mal. Und professioneller. Weil die lustige Dashtrommel-„Schlagzeugerin“ Caroline McKay nicht mehr dabei ist und ihre Nachfolgerin Jonna Lofgren ihr Instrument beherrscht. Am Ende fleht Allan seine Mutter an: „I will change for you.“ Und natürlich hat Mutter Allan einen Rat parat: „Son, don’t be scared, the monsters are gone … But before you change for me, change for you.“ Das bringt für einen Moment Ruhe. Und danach geht’s wieder von vorne los. Man nennt es wohl das Leben. (sony) torsten gross

Clueso ***¿

An und für sich

Der Erfurter trotzt dem Alltag rührende, überlange Songs ab.

„Solang die Musik noch läuft und mein Tabak noch reicht, nehm ich das volle Programm“, sang Clueso am Ende des sehr guten Albums „So sehr dabei“ (2008). Zu Beginn von „An und für sich“ heißt es: „Zu schnell vorbei/ Sag mal, wie schnell verging schon wieder die Zeit?“ Die Welt hat sich weitergedreht, während Clueso immer erfolgreicher wurde, und er kam gerade noch hinterher. „Heute ist der Tag, von dem wir später reden“, philosophiert der Songschreiber nun – carpe diem, klar, aber Clueso ist nur selten ein Phrasendrescher.

Der Erfurter spürt stets dem kleinen Leben nach, er sucht die Schönheit im Alltag, und manchmal findet er sie auch. Dabei kann er nicht immer der Nostalgie entkommen („Das alte Haus“), hin und wieder ist er einfach so sentimental („Herz“). Aber das sind Kettcar – wenn auch auf etwas erwachsenere Weise – ja auch, und keiner lacht sie deshalb aus.

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