Glen Campbell – Sings The Best Of Jimmy Webb 1967 -1992
Es war nicht immer nur dieser sweet smell of success, der gemeinsame Karrieren beflügelt. Bisweilen war auch grenzenlose Bewunderung im Spiel und – zumindest zeitweise wenigstens – große Zuneigung, was die professionelle Zusammenarbeit anging. Der Alan Price, der nach dem Ausstieg bei den Animals in seinen Decca-Jahren rund ein Dutzend Randy Newman-Kompositionen aufnahm, hatte in demselben den von ihm meistbewunderten Songschreiber gefunden, als den noch kaum jemand kannte. Umgekehrt fand damals der junge Jimmy Webb in Glen Campbell einen Interpreten, der seinen Songs intuitiv das passende Hit-Potenzial vermittelte. Der Ehrlichkeit halber sei hier ein für allemal gesagt, dass natürlich der weithin immer noch gnadenlos unterschätzte Johnny Rivers der Entdecker und Förderer von Jimmy Webb war, ihn aus einem Knebelvertrag auskaufte, als erster „By The Time I Get To Phoenix“ aufnahm und ihn dann mit der Vokalgruppe The Fifth Dimension verbandelte, damit die für sein Label Soul City das Jimmy Webb-Lied „Up, Up And Away“ aufnahmen. Eine bessere Startrampe für eine Karriere wurde selten angelegt. Wenig später war der Stand auf seinem Bankkonto ein ganz anderer.
Der aus Arizona gekommene Jungspund Glen Campbell wiederum hatte sich ab 1960 erst mal in der Rolle des Leadgitarristen der Champs zu bewähren, als die zwei Jahre nach „Tequila“ mit „Too Much Tequila“ zwar nicht mehr fünf Wochen lang die Nr. 1 der Hitparade waren, aber es damit zumindest wieder in die Top 30 schafften. Obwohl die kommenden Jahre in der Studio-Szene von Los Angeles als Session-Mann sehr geschätzt, hatte er doch höhere Ambitionen. Nach einer Serie mäßig erfolgreicher Singles war „Gentle On My Mind“ mehr als nur ein Achtungserfolg gewesen. Aber erst als er auf der Johnny-Rivers-LP „Changes“ diesen Jimmy Webb-Song entdeckte und sich seinerseits an „By The Time I Get To Phoenix“ versuchte, wurde das der Beginn einer höchst produktiven Zusammenarbeit.
Es ist natürlich albern, wenn die Plattenfirma jetzt behauptet, bei dieser CD handle es sich um „the definitive versions of the best songs by Jimmy Webb, master tunesmith“. Judy Collins‘ Deutung von „The Moon’s A Harsh Mistress“ beispielsweise dürfte dann wohl doch die noch fesselndere sein. Und manchmal hat niemand Jimmy Webb besser gesungen als Jimmy Webb. (Die sechs Onginal-LPs der 70er Jahre wurden übrigens unlängst komplett – keine Bonus-Tracks, leider – auf dem Collectors‘ Choice-Label wieder veröffentlicht.) Unstrittig ist trotzdem, dass die gemeinsam auf den Weg gebrachten Ohrwürmer einige der größten Pop-Klassikers diesseits von Righteous Brothers und Four Seasons, Harry Nilsson und Walker Brothers sind. „Didn’t We“ etwa, einziger Live-Mitschnitt unter den zwei Dutzend Aufnahmen dieser CD, hatte problemlos das Zeug zu einem Standard. Als sich Campbells Karriere eine Zeitlang in steilen Sinkflug befand, nahm er 1974 reumütig „Reunion – The Songs Of Jimmy Webb“ auf, und die – eine seiner besten Platten – ist hier fast komplett zu hören, nämlich bis auf die auch für diese LP aufgenommenen „About The Ocean“ (aus der Feder von Schwester Susan Webb) und Lowell Georges Little Feat-Klassiker „Roll Um Easy“. Was den Sammlerwert des Plättchens ganz erheblich steigert.
Neben unverzichtbaren Aufnahmen wie „Highway man“ findet man hier auch hochkarätige Interpretationen wie die von „If These Walls Could Speak“ und diesen Ohrenschmeichler „I Was Too Busy Loving You“. Von dem Müll, den Campbell anderweitig oft veröffentlichte, ist hier weit und breit nichts präsent. Aus dem zweiten, späten Tribute-Projekt „Light Years“ wählte man rigoros nur drei Songs aus und verzichtete auf die restlichen. Eine Retrospektive der besten Aufnahmen überhaupt von Jimmy Webb-Kompositionen machte diese CD dann wie gesagt letztlich doch nicht überflüssig. Aber reichlich Kandidaten dafür findet man hier schon. In sehr guten Überspielungen.