Great Lake Swimmers – Lost Channels
Die Alben der Great Lake Swimmers entstehen nicht zuletzt unter dem Einfluss der Orte, an denen sie aufgezeichnet werden. Ausgeräumte Silos, alte Kirchen, historische Versammlungsräume — das alte Amerika ist immer präsent auf den Auf nahmen von Tony Dekker und seinen wechselnden Mitstreitern., „Ambient Zen Americana“ nannte das unlängst das Magazin „Mojo“, doch so pointiert das Etikett, so unscharf ist die Beschreibung. Die Great Lake Swimmers suchen ihren sweet spot nicht in der religiösen Selbstvertiefung, sondern in der Verbindung mit amerikanischen Mythen und mit der Natur, die alles weiß.
Für die neue Platte gingen die Great Lake Swimmers nach Thousand Islands, jener aus knapp 1800 Mini-Inseln bestehenden Region am Ontario-See. Dekker schöpft Licht aus den dunklen Brunnen der Vergangenheit, singt in Kirchen und Burgen, immer auf der Suche nach den verlorenen Kanälen in eine etwas andere Wirklichkeit. Die Musik ist eher Canadiana als Americana, weil die derben Amenkanismen völlig fehlen. Diese überaus gelungenen Lieder sind ebenso von einer feierlich sakralen Grundstimmung getragen wie von Dekkers weichem Gesang und dem Klang der meist akustischen Besetzung. „Lost Channels“ ist dabei gegenständlicher als der ebenfalls tolle Vorgänger, „Ongiara“. Bei dem Opener, „Palmistry“, zirpen Byrds-Gitarren, Schlagzeug und Bass setzen einen festen Rahmen. In dieser Weise funktionieren auch das melancholisch summende „Pulling On A Line“ und das ein wenig an Josh Rouse erinnernde „She Comes To Me In Dreams“. Die neue Gegenständlichkeit lässt die Konturen der anderen, inwendig schweigsamen Lieder wie „Everything Is Moving So Fast“ und „New Light“ viel klarer hervortreten. Vor dem Höhepunkt des Albums, dem schwebend sakralen „Stealing Tomorrow“, erklingen die Glocken des Singer Castle, in dem ein Teil der Aufnahmen für „Lost Channels“ entstand. Man ist mit Dekker in dieser Burg, folgt den Stimmen und der schwellenden Pedal-Steel. Weiter nach oben, hinauf in die Stille.