Guns n‘ Roses :: Mönchengladbach, Hockeypark

Axl Rose könnte ein glücklicher Mann sein. Seit 20 Jahren macht er praktisch nur Unsinn (vom unterschätzten „Chinese Democracy“-Album abgesehen), und doch warten 17.000 Menschen im Hockeypark zu Mönchengladbach auf ihn. Die Vorfreude sieht bei Guns-N‘-Roses-Konzerten allerdings immer anders aus als bei Springsteen oder den Stones, weil sie stets mit Angst verbunden ist. „Axl war um 19 Uhr noch in Paris“, raunt einer. „Solange die Sonne scheint, geht er sowieso nicht auf die Bühne“, jemand anderes. Viele Leute tragen die Shirts von „damals“ auf, als GN’R die größte Rockband der Welt waren; nur hier sieht man noch erwachsene Typen im Schottenrock. Ungeduldig ist keiner, man kennt die Warterei ja, sie gehört dazu.

Und siehe da: Bereits um 21.45 Uhr schlurft Axl Rose auf die Bühne. Die erste halbe Stunde ist ein einziger Beweis, dass die Jahre scheinbar spurlos an ihm vorbeigegangen sind – wenn man nicht allzu genau hinsieht jedenfalls. Er singt „Welcome To The Jungle“, „It’s So Easy“, „Mr. Brownstone“ und macht immer noch diese schlängelnden Bewegungen. Gut, die Sonnenbrille hätte er auch schon vor 23 Uhr abnehmen können, aber egal. Der Hut sitzt.

Es werden, dem 25. Jubiläum zum Trotz, keine reinen „Appetite For Destruction“-Festspiele. Je sieben Songs davon und von den „Use Your Illusion“-Alben, dazu immerhin sechs von „Chinese Democracy“ (das ja auch schon wieder fast vier Jahre alt ist) – die Setlist ist makellos, und wenn Axl Rose mit seiner meckernden Stimme Dramen wie „Estranged“ singt, geht einem das immer noch durch Mark und Bein. Doch der Unbelehrbare begeht wieder den gleichen Fehler wie bei seinem letzten Deutschlandkonzert, 2006 bei „Rock am Ring“: Alle Musiker dürfen endlose Soli spielen, Bassist Tommy Stinson und Gitarrist Bumblefoot (sag noch einer etwas gegen den Namen Slash!) sogar stumpfe Songs singen. Rose braucht vielleicht die Zeit zum Luftholen, die Dynamik des Abends stören die Einlagen allerdings sehr – mehr als der Texthänger bei „You Could Be Mine“ oder manche dann doch etwas schrille Zeile.

Zumindest das Wetter hat einen Sinn für Dramatik: Passgenau zu „November Rain“ beginnt es zu nieseln, dann zu schütten. Bei „Don’t Cry“ und „Civil War“ stört das keinen, doch fängt Axl tatsächlich an zu erklären, er könne sich jetzt leider nicht mehr so viel bewegen, weil die Bühne so rutschig sei. Und er wolle sich ja nicht Schulter oder Bein brechen, weil er diese Tournee gern zu Ende bringen will. Ja, Rock’n’Roll ist gefährlich! Und das von einem Mann, der kurz darauf „I’m a hard case that’s tough to beat“ singt. Natürlich sind wir alle zwischenzeitlich nicht jünger geworden – Rose ist jetzt 50 -, aber es beschleicht einen das Gefühl, dass sich Slash, Duff und Izzy immer noch in den Regen stellen würden. Ach, sie fehlen einfach, diese Straßenratten, die es mit unwahrscheinlichem Talent und viel Glück schafften, ganz nach oben zu kommen, indem sie uns erzählten, wie es ganz unten ist. Sie waren GN’R, DJ Ashba oder Richard Fortus sind es nicht. So sehr sie sich bemühen, am Ende bleiben sie doch nur beliebige Statisten in der Axl-Rose-Show.

Der beendet den Abend nach fast drei Stunden natürlich mit „Paradise City“ – nicht ohne zuvor noch ein bisschen herumzujammern, dass er schon seit Jahren mal wieder in Deutschland spielen wollte, aber kein Manager das geregelt bekam. Warum, fragt man sich da, holt er sich dann keinen anderen? Oder nimmt, wenn er zu viel freie Zeit hat, einfach ein neues Album auf? Axl Rose ist kein glücklicher Mann, sein Selbstmitleid albern, und nur manchmal blitzt ein bisschen Humor auf: „Did you think I’d really be here?“ fragt er einmal grinsend. Und quittiert das Auflachen des Publikum mit einem kryptischen „Yeah, me too!“

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