Haiyti

Montenegro Zero

Die Hamburgerin nutzt die hustensaftzähen Beats und Auto-Tune-Effekte des Cloud-Rap für ihre Vision von Popmusik

Respekt! Das klingt beeindruckend professionell, was Ronja Zschoche alias Ovadoze alias Robbery alias Haiyti auf ihrem zweiten Studioalbum abgibt, mit dem sie wiederum für die Major-Industrie debütiert. Die Rapperin aus Hamburg hat natürlich zwischendurch auch ein paar auffällige Mixtapes veröffentlicht und Gastauftritte absolviert, unter anderem für The Coup (das gemeinsame Projekt der Groß-Gangsta Haftbefehl und Xatar) und Ronny Trettmann.

Dessen Kitschkrieg-Crew hat das Album in Berlin produziert, programmatisch flink, wie es dem Genre entspricht, das hier zugrunde liegt. Haiyti kommt vom Südstaaten- und Cloud-Rap, deren zentrale Stilelemente hustensaftzähe Beats aus minimalen Synthies und sirupartige Auto-Tune-Winseleien sind. In verschiedenen Spielarten sind die Sounds seit den Neunzigern unterwegs, derzeit blühen sie im nebligen Trap von Leuten wie dem Mixtape-Gott Lil B und Charts-Stars wie Future oder A$AP Rocky.

Alles original

Haiyti nutzt die Ästhetik aber nur als Rahmen, in zerbeulten Zeitlupenbässen, schlichten gläsernen Synthielinien, rasselnd abstrahierten Snaresounds. Im Grunde ist „Montenego Zero“ ein Popalbum. Es beginnt mit dem überaus gestrippten „100.000 Fans“, das sie ganz hinreißend heiser und aufgeregt kräht und mit lustigen kleinen Einwürfen verziert, geht vom 80er-NDW-artigen „Berghain“ über das Dancehall-Hinken von „Bahama Mama“ zum großartig wehmütigen und synthpoppigen „Gold“ – „Was soll ich mit allem Gold der Welt? Ich will nur ein bisschen Zeit mit dir“, quäkt herzzerreißend der Vocoder.

Sie kann sogar zu Southern-Soul-Sample und Fingerschnipsen mehr nach Udo Lindenbergs Diktion klingen, als man es mir jetzt glaubt. Großzügig auch die Textarbeit: Sie raspelt lässigen Aufschneiderkram, redet heiser ein bisschen von Getto und Straße, winselt und wimmert vor Liebe oder so und schmückt das mit schnellen, lustigen Prrrs, Uärgs und Bling-bling-blings – Trap, Trotz und Tränen eben. Die Verfremdungsebene des Gesangs muss man ohnehin noch einmal besonders hervorheben: Selten hört man einen derart virtuosen und vielseitigen Umgang mit dem Auto-Tune-Effekt.

„Ich bin ein Serienmodell“, plärrt sie in einem Titel aus der Maschine. Aber hier ist alles original. (Universal)

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