Heinz Rudolf Kunze – Rückenwind :: WEA

Eines Morgens fasste sich Heinz Rudolf Kunze an seinen Stirnenfuß und befand, dass mit jeglichem Unfug ab sofort Schluss sein müsse. Kein Plunderbart, keine krampfhaften Provokationsmechanismen und vor allem auch kein Heiner Lürig mehr. Der hatte Kunze mit „Dein ist mein ganzes Herz“ zwar den bis heute größten Hit geschrieben, mochte jedoch nicht den Wechsel zum neuen Produzenten Franz Plasa mitmachen. Und Kunze? Spürt den Rückenwind, woher er auch immer wehen mag.

Eine zunächst nur laue Brise, denn auch dieses Mal wird emsig nach dem Radio gegeifert. Deswegen gibt es ein selten dämliches Lied namens „Mach auf“ sowie das mediokre, für manches Stück geradezu prophetische „Da müssen wir durch“. Aus Schmierseife kann auch Plasa keinen Cognac brennen. „Schön und gut“ ist zwar eine leidlich „bissige“, jedoch immerhin brillant gesungene Hymne zum Küblböck-Syndrom. Aber muss man so etwas kommentieren? Geschenkt.

Anders als beim notorischen Germanistik-Studentinnen-Posterboy Tom Liwa wirken bei Kunze die Texte und Gesten oftmals gedrechselt, die Produktion zu ambitioniert. Und doch: „Ich sitze so da“, „Killroy was here“ und „Naherholungsgebiet“ funktionieren als Songs durchaus, wären jedoch in einem Lyrikbändchen weit besser aufgehoben. Die Männer-Frauen-Burleske „Zwischen uns“ habe ich nicht verstanden, aber „Es ist nicht wie Du denkst“ ist eine fein arrangierte Ballade. Und sollte „Wozu Feinde“ ein knurriges Selbstbildnis des Sängers sein, dann spendiert man ihm für dieses Eingeständnis der verletzten Eitelkeit gern ein Trostpflaster. Und gesteht, dass das Titelstück ein unverkopfter Liebesbrief ist, der seinen Adressaten fernab hämischer Haderer sicher finden wird. Die Pole heißen wie gehabt Kunst oder Kommerz. Doch der alte Wettervogel Kunze kann sich noch immer nicht entscheiden, in welche Richtung der Wind gehen soll. Eine Zwischenlandung nur, Reiseroute unbekannt.

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