Iggy & The Stooges

„Raw Power“

Fans, die „Fun House“ für das ultimative Vermächtnis der Stooges halten, können dafür triftige Argumente ins Feld führen. Besser organisierte Kakophonie kurz vor dem absoluten klanglichen Delirium war selten zu hören. Als David Bowie es zwei Jahre später schaffte, dass sich Iggy Pop mit Ron und Scott Asheton sowie neuem Gitarristen bereit fand, in England ein drittes Album einzuspielen, war der ein fast hoffnungsloses Drogenwrack, rappelte sich aber mit seinen Leuten vorübergehend weit genug auf, um in den Trident Studios jene Songs aufnehmen zu können, die irgendwann als Geburtsstunde des Punk-Rock bezeichnet wurden.

Als sich Mark Wilder 1996 zum ersten Mal an das Remastering von „Raw Power“ machte, wollte Iggy Pop mit dem Projekt zunächst nichts zu tun haben, obwohl die Songs auf dem ersten CD-Remake für ihn noch dünner als auf Vinyl klangen. Wilder riskierte es, beim Pegel bis auf unübliche fünf oder vier dB unter Vollaussteuerung zu gehen. „Search And Destroy“, „Your Pretty Face Is Going To Hell“ und „Death Trip“ klangen jetzt ein wenig urgewaltiger, ohne dass die dynamischen Aspekte der Produktion unbillig vergröbert worden wären. Pop schrieb dann immerhin doch sehr ausführliche Erinnerungen für das Booklet nieder.

Diese Liner Notes fehlen bei der neuen Deluxe-Ausgabe; zu der steuerte er diesmal nur mehr ein paar neue Zeilen bei. Er freut sich, dass seine „intrinsic contribution to the art of rock n roll music“ endlich Anerkennung gefunden habe. (Was schon sehr nach elder statesman klingt.) Akustisch ist das hier eine ganz andere Baustelle: Mehr Kompression gab es bislang wohl bei keinem anderen namhaften Rock-Album. Die Pegelanzeige bewegt sich meistens ganz nah bei Digital Null. Die Led-Zeppelin-Retrospektive „Mothership“ ist dagegen fast schon ein dynamisches Feuerwerk. Kurios also, dass das Konzert vom Oktober 1973 auf der Bonus-CD nicht genauso gnadenlos komprimiert wurde. Allerdings wurde hier der klangliche Standard von Bootleg-Klassikern wie „LIVE’r Than You’ll Ever Be“ – die Rolling Stones vier Jahre vorher in Oakland – denn doch um einiges unterboten. (Sony)

Franz Schöler