Iron Maiden :: Brave New World

Endlich wieder mit Bruce Dickinson - man muss sie einfach mögen

Nein, man muss diesen immer leicht prätentiösen, sich alleweil mit dem Pathos verhauenden und dann doch wieder so durchsichtigen 80er-Jahre-Metal großbritannischer Provenienz nicht mögen. Man muss auch Iron Maiden, den Urmeter dieser damals ebenso großspurig wie enthusiastisch „New Wave Of British Heavy Metal“ geheißenen Passion, nicht schätzen. Und mancher muss auch lachen über die von gefallenen Engeln, quasi-mythischen Nomaden und allerlei Phantasiereichen sabbernde lyrische Schwadronage. Aber wer sich sein steinernes Herz in den frühen Achtzigern mit solcherart Vorschlaghämmern zetdeppern lassen hat, dort draußen in den Rock ’n‘ Roll-Steinbrüchen des Herrn, wer die Texte nach ihrer Suggestivität und Eignung für den sich naturgemäß konstituierenden Party-Gesangsverein zu bewerten gelernt hat, für den ist diese Platte ein verdammtes Ereignis.

Bruce Dickinson, nicht der erste, aber doch wohl der genuine Maiden-Shouter ist wieder zurück. Also der Mann, der seine Stimme zu pressen vermag wie ein brünstiger Kampfstier und sie sich dabei so quirlig-quecksilbern erhält, um auch größere Textmengen noch locker wegzuskandieren, der Mann, der die hohen Noten a la Luftschutzsirene über mehrere Takte hinweg ziehen kann, ohne die Puste zu verlieren, und der damit so ein paar Genresänger-Generationen maßgeblich beeinflusst hat. Und auch der gute Adrian Smith hat sich zum Wiedereinstieg überreden lassen. Janick Gers freilich, diesen Holzhacker und Brutalinski mit einem Gesicht so breit wie ein Schinken, konnte er dann doch nicht verdrängen. Wer hätte dem die schlechte Nachricht auch überbringen wollen? Also versucht man’s jetzt mit einem Gitarren-Triple, wie man es sonst ja nur vom Southern Rock kennt Und obschon sich stilistisch rein gar nichts geändert hat – selbst Gers solistische Hyperventilationen haben augenscheinlich längst ihren festen Platz im Set gefunden -, man merkt doch, dass hier ein profunder Songwriter mehr seine Finger im Spiel hatte, und

man merkt eben auch, wie sehr ein Adrian Smith all die Jahre fehlte. Seine beiden Beiträge, der anbetungswürdige Radio-Brüller „The Wicker Man“ und der genauso eingängige Uptempo-Rocker alter Schule „The Fallen Angel“, sind Musterbeispiele für konzisen und nicht mal ganz schnörkellosen Schwermetall, dokumentieren auf das Schönste, wie man ein melodiöses und dennoch verviges Solo baut, ohne alle Noten dieser Erde in einer halben Minute runterrasseln zu müssen, und sind damit auch gleich die besten Stücke der Platte.

Aber auch die erwartbaren längeren Metal-Operetten verlieren sich nur selten einmal in serieller Indifferenz und dumpfer Riff-Repetition. Eigentlich nur einmal: Das mit morgenländischer Atonalität spielende „The Nomad“ ist enervierend und überflüssig. Ansonsten aber integriert man immer mal wieder, vor allem in der Intro-Abteilung, zurückhaltende Pseudo-Folk-Parts, die stellenweise sogar an Jethro Tull gemahnen. Oder Harris beweist den Kontrahenten von Metallica, dass es gar kein Orchester braucht, um den nötigen symphonischen Gallimathias zu erzeugen, wenn er mal gefragt ist.

Nein, ich korrigiere mich, diese Platte muss man einfach mögen.

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