It’s Up To Emma :: Erbarmungslos bis schön: DIe Britin bleibt beim rohen Folk-Sound
Wenn es überhaupt noch so etwas wie Indie-Rock gibt, dann kommt er von Scout Niblett. PJ Harvey und Chan Marshall haben früher vergleichbar radikale Platten gemacht. Aber nur die Songschreiberin aus dem englischen Nottingham hält sich stoisch an ihren rohen Sound, der oft an den Grenzen seelischer Belastbarkeit vorbeischrammt.
E-Gitarre und Schlagzeug reichen in der Regel dafür. Selten gestattet sich Niblett ein wenig Wärme durch Hinzunahme von Bass und Keyboard. Manchmal schweben ein paar Synthie-Streicher unwirklich über diesen erbarmungslos unsentimentalen Songs („Can’t Fool Me Now“). Dann wieder mäandern minutenlang schwere Akkorde, schleppen sich mühevoll durch karge Klangräume, reiben sich an knochentrockenen Drums, dass man sich beinahe fühlt wie in einem wuchtigen Rockstück von Sleater-Kinney („All Night Long“). Auch wenn Niblett die Riot-Grrrl-Attitüde nicht besonders steht. Sie ist halt eher eine Folk-Sängerin, die das Dilettantisch-Rumpelige liebt.
Doch „It’s Up To Emma“ überrascht auch mit purer Schönheit, wenn man gar nicht damit rechnet, etwa in der nüchternen Ballade „No Scrubs“, einem TLC-Cover. „I don’t want no scrubs/A scrub is a guy can’t get no love from me/Hangin‘ on the passenger side of his best friend’s ride/ Tryin‘ to holler at me“, singt Niblett. Und man weiß nicht: Ist es kindlicher Trotz oder die Stimme der Emanzipation? Schließlich flirren die Gitarren in den funkelnden Nachthimmel hinaus wie in R.E. M.s „E-Bow The Letter“. Alles ist plötzlich glasklar. Die Schmerztherapie war erfolgreich.
(Drag City/Rough Trade)