Jack White

„Fear Of The Dawn“

Third Man/The Orchard (VÖ: 8.4.)

Etwas ziellose Rocksongs des begnadeten Stilisten

Jack White hat ein Problem: Er bekommt keinen vernünftigen Song zustande. Das ist vielleicht keine Neuigkeit, aber in seligen White-Stripes-Tagen schien er zumindest ein paar catchy Riffs und Hooks aus dem Ärmel schütteln zu können. Auf seinen Soloalben bemüht er sich um Veränderung, Originalität und Vitalität. Sein Credo „Form follows function“ führt er dabei zunehmend ad absurdum.

Tatsächlich lauern die besten Momente dieses Albums dort, wo White nicht genau zu wissen scheint, was er tut

Das stoische Festhalten an der analogen Tonaufzeichnung sowie seine Ablehnung von Pro Tools und Plug-ins wirken umso fragwürdiger, je weniger sein Songwriting hergibt. Zumal das beeindruckende Arsenal von E‑Gitarren-Effekten auf „Fear Of The Dawn“ krasse Ähnlichkeiten zu ebenjenen Studiotüfteleien aufweist, die er verteufelt. Hinzu kommt, dass die Platte so auf die Zwölf gemischt und gemastert ist, dass der Unterschied zu digitalen Produktionen marginal scheint. So weit, so technisch.

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„Taking Me Back“ geht gleich in die Vollen. Oktavierte Fuzz-Gitarren, zerstückelte Synths und furztrockene Drums geben ein manierliches Update von Whites Heavy Rock. Doch schon im Titelstück, das wie eine uninspirierte Queens-Of-The-Stone-Age-Version ohne Bass klingt, geht ihm die Luft aus. Daran ändert auch das rasante Tempo nichts. „The White Raven“ will mit übersteuerten Powerriffs und Starkstromgegniedel überwältigen, bleibt aber eine ziellose Verkettung unausgegorener Ideen.

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Noch frappanter: „That Was Then (This Is Now)“, das beliebig Riff auf Melodie auf Rhythmuswechsel schichtet. Mit etwas mehr Dramaturgie wäre es Prog-Rock. In „Hi-De-Ho“ versucht sich White an orientalischen Melismen, bevor der Song in einen Rap von Q‑Tip übergeht. „Eosophobia“ ist ein tollwütiger Glamrock-Wolf im Dancehall-Pelz, das von Neonlicht zerschossene „Into The Twilight“ könnte auch von Becks „Midnite Vultures“ stammen.
Tatsächlich lauern die besten Momente dieses Albums dort, wo White nicht genau zu wissen scheint, was er tut. Was dem begnadeten Stilisten nur sehr selten passiert.