James Blake

Assume Form

Liebeslieder und Geistergesänge, spröde Loops und schönste Melodien

Die schönsten Liebeslieder und Geistergesänge der laufenden Saison finden sich auf dem neuen Album von James Blake; es handelt von liebenden Geistern, die gerne zu Menschen würden, um sich mit geliebten Menschen vereinen zu können; und es handelt von Menschen, die gern ihre Körper verließen, um als Geister noch tiefer und unzertrennlicher in den Geist geliebter Menschen hineinzugelangen. „Assume Form“ heißt das Werk, es ist Blakes vierte Platte, in mancher, vor allem musikalischer Hinsicht kehrt er zu seinen Anfängen zurück.

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Er intoniert mit seinem knabenhaften Tenor zerbrechliche Melodien; er sampelt, filtert und vervielfacht die Stimme und singt mit sich selbst im Chor; er lässt seinen Gesang wie ein Instrument unter vielen in den elektronisch erzeugten Hintergründen verschwinden. Aber dann erblühen über spröden Loops und stotternden Beats auch wieder die schönsten Melodien, die man sich vorstellen kann: zum Beispiel in dem Duett „Barefoot In The Park“, das er mit Rosalía singt, der spanischen Flamenco-Erneuerin, deren zweites Album „El Mal Querer“ zu den großen Pop-Ereignissen 2018 gehörte.

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Vor einer Weile ist Blake aus seiner Heimatstadt London nach Los Angeles übergesiedelt, er hat dort seine Depression therapiert und, wie er sagt, die Liebe seines Lebens gefunden. An den düstersten Stellen, in „Don’t Miss It“ kurz vor Schluss, besingt er die Schmerzen, die er überwunden hat, die Schwärze der geistigen Isolation, die Verfaltung der Zeit und Welt. An den heitersten Stellen befunkelt er seine Musik mit der Hoffnung seines neuen Lebens, mit kalifornischem Licht: In „Can’t Believe The Way We Flow“ strickt er aus seinen klitzeklein zerhäckselten Stimmfragmenten einen schwirrenden Doo-Wop-Gesang, als wären die Beach Boys als jugendliche Avatare wieder erstanden.

So weht eine warme Brise durch die Blakesche Ästhetik und eine ungekannte melodische Kraft; doch der Boden schwankt immer noch und die Welt ist unruhig, eine Erlösung gibt es nur für den Moment. (Polydor/Universal)