James Yorkston – The Year Of The Leopard

Klangfetischisten und Traditionalisten bekommen schon feuchte Augen, wenn sie nur den Namen James Yorkston hören. Seine fein ziselierten hypnotischen Folkstücke evozieren Annie Briggs und Bert Jansch, sind engmaschig verwobene Netze aus Gitarren, Geigen, Klarinette, Akkordeon und Konzertina – natürlich erhältlich auf allen Vinylformaten, die man sich denken kann. Gibt’s aber für mobile Menschen auch alles online zum Durch-die-Gegend-Tragen. Man könnte Yorkstons Songs in die Tasche stecken, um mit ihnen durch spätsommerliche Abende in eine der letzten Kneipen mit Rauchkonzession zu spazieren und später mit ihnen durch frühherbstliche Nächte zurück nach Hause zu navigieren – stetig leise Flann O’Brien rezitierend: „When life looks black as the hour of night – a pint of plain is your only man.“

Lange hat James Yorkston sich mit seinem Begleitkollektiv The Athletes durch schottische Pubs gespielt, als eine Art drinking man’s Nick Drake, oder thinking man’s Jackie Leven, oder pentangling Ray Davies. Jetzt trägt er seine Songs in die Wohnzimmer des Geschmacksbürgertums: „Produced by Rustin Man“ – Talk Talk-Bassist Paul Webb und Toningenieur Phill Brown, der schon auf „Spirit Of Eden“ mit den britischen Feingeistern am perfekten Sound bastelte, geben „The Year Of The Leopard“ eine entrückte Aura, die tatsächlich an einigen Stellen an die Beth Gibbons/Rust in Man-Kooperation „Out Of Season“ erinnert. Auch wenn Yorkstons Stimme, die zwischen Fisteln, wackliger Harmonie und Sprechsingsang changiert, nicht an die Erhabenheit der Portishead-Sirene heranreicht. Aber es ist gerade die unaufgeregte Variabilität von Gesang und Arrangement, die den einzelnen Songs trotz aller Atmosphärik und Leisetreterei Kontur gibt. HMS Ginaforces Harmonien im Titelsong etwa, die sublimen Streicher im After-Hours-seligen „5 a.m.“, die gegen Holzbläser gesetzte Popmelodik von „Steady As She Goes“ und der elektronische Beat, der das Narrativ „Woozy With Cider“ nah an das Arab Strap-Überstück „The First Big Weekend“ rückt. „I think I can be honest

in presuming the World is not exactly going to be leaping out of its bed to make me rich, using my songs in adverts, selling oranges or lemons.“

Zur Reklameuntermalung taugen diese Songs vielleicht nicht, aber sie bringen uns heim, wenn wir benebelt vom Cider unterm pinken Mond durch die Nacht wanken.

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